Friedrichshafen / sz - Sie ist sympathisch, offen, hat einen ausgeprägten Sinn für Humor, ist schlagfertig – Verena Bentele hat so einige Eigenschaften, die ihre selbstbewusste Person ausmachen. Eine davon lautet: Vertrauen – in sich selbst, aber vor allem auch in andere Menschen. Am Dienstagabend hat sie bei Ravensbuch in Friedrichshafen ihr Buch „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser“ vorgestellt.
„Ich meine, man muss immer einen Aufhänger haben und ein Thema, das für einen selbst ein ganz wichtiges ist. Viele Sportler schreiben über Leistungsdruck und Motivation. Ich habe auch darüber nachgedacht, was mich ausmacht und mich ein Stückchen weit auch auszeichnet. Für mich ist das Vertrauen im Sport eine ganz wichtige Komponente, dass man am Ende eine gute Leistung bringen kann“, beschrieb die frühere Biathletin, Skilangläuferin, vierfache Weltmeisterin und zwölffache Paralympics-Siegerin, bei der Lesung am Dienstagabend.
„Wenn heute 24-Jährige ihre Biografien rausbringen, was bei den Stars und Sternchen ja beliebt ist, finde ich das eigentlich immer so ein bisschen komisch. Ich selbst wollte keine Biografie schreiben, das hört sich so nach Lebensende an, was ich mit 32 etwas frustrierend finde“, sagt die Sportlerin. Und so ist schließlich eine Mischung aus Biografie und Coaching-Buch entstanden, in dem für jeden etwas dabei sei.
Das Buch hat neben den Coaching- und Geschichtsteilen noch einige andere Besonderheiten zu bieten, etwa Coaching-Übungen. „Mein Lieblingsteil in dem Buch ist das Blindipedia-Lexikon, das sich im hinteren Teil befindet und bei dem ich mir Mühe gegeben habe, die Fragen, die mir immer wieder gestellt werden, zu beantworten. Es war wirklich schwer, für jeden Buchstaben etwas zu finden, aber ich habe sogar für das ,y’ etwas gefunden“, sagte Bentele.
Die Links-Rechts-Verwechslung
Vertrauen brauchte die damalige Sportlerin häufig, wobei sie eine beachtliche Portion davon in ihren Begleitläufer setzte, der für den blinden Langlaufstar die Strecke sah und die Kommandos gab. Dieses Vertrauen zu geben war nicht immer einfach, insbesondere nachdem sie sich während einer Meisterschaft im Jahr 2009 nach einer Links-Rechts-Verwechslung ihres damaligen Begleitläufers schwere Verletzungen zugezogen hatte und der ihr Karriereende hätte bedeuten können.
Vertrauen ist immer beidseitig, deshalb muss man selbst auch einiges investieren. Benteles Beispiel hierfür war eine Weltmeisterschaft im Jahre 2005, die sie gewonnen hatte – für ganze zehn Minuten, bis sie schließlich disqualifiziert wurde. Ihr Begleitläufer hatte sich während des Rennens verzählt, was Bentele ihm sehr übel nahm. „Dann hab ich aber gedacht, dass mein Verhalten auch nicht richtig ist. Ich bin ein großer Besichtiger sämtlicher Strafrunden, und der arme Mann muss ja auch jedes Mal mit“, erzählte sie.
Neben Kindheitsgeschichten die sie ihrem aufmerksamen Publikum erzählte und die auch viel von Vertrauen handelten, hatte Benteles Vater die Aufgabe des Lektors übernommen.
Am Ende der Veranstaltung stand die ehemalige Sportlerin, die heute Behindertenbeauftragte der Bundesregierung ist, mit viel Geduld und Auskunftsfreude für Fragen der Gäste bereit.