Friedrichshafen / sz - Mit der Übernahme von TRW durch die ZF AG wird Friedrichshafen Sitz eines der größten Automobilzulieferers der Welt. Während der Betriebsrat des Stiftungsunternehmens und die meisten Kommunalpolitiker das Milliarden-Geschäft begrüßen, gibt es auch kritische Stimmen.
Oberbürgermeister Andreas Brand zeigt sich sehr zufrieden, dass die ZF AG mitsamt ihrer Heimatstadt Friedrichshafen in die Liga der Autogiganten („Handelsblatt“) aufsteigt. „Die Aktionäre der ZF AG, die Zeppelin-Stiftung und die Ulderup-Stiftung, haben die Übernahme eng und intensiv begleitet und engagiert unterstützt“, verrät Brand. „Die Übernahme stellt auch zukünftig eine nachhaltige Sicherung und Entwicklung unseres Stiftungsvermögens sicher.“ Diese Investition passe in das Bild einer sehr langfristig angelegten und stets konservativ geprägten Strategie der Stiftungen.
Ein „großer Brocken"
„Ich beglückwünsche den Vorstand und alle Beteiligten zu diesem mutigen Schritt. Ein solcher geht nur, wenn viele Faktoren günstig sind“, sagt Achim Dietrich-Stephan, Chef des ZF-Gesamtbetriebsrats. Damit meint er die Kompetenz der handelnden Personen, dass ein Unternehmen, das gut zur ZF passe, auch zum Verkauf stehe, eine sehr erfolgreiche und flüssige ZF und die derzeit günstigen Zinsen.
„Die Risikobewertung und langfristige Beschäftigungssicherung stand für die Arbeitnehmervertreter im Mittelpunkt der Übernahmediskussion von TRW“, betont Dietrich-Stephan. „Die Chancen für eine erfolgreiche Zukunft jetzt gemeinsam mit TRW überwiegen. Der Erwerb von TRW wird nicht zu Lasten der ZF-Standorte gehen. Wir haben erreicht, dass die Arbeitsplätze in Deutschland abgesichert sind. Dies ist mit dem Vorstand vereinbart.“ Enzo Savarino, Chef der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben, ist überzeugt, dass ZF „eine Chance gut genutzt hat“. Er glaubt, dass die Finanzierung des Deals und die Integration von TRW noch große Herausforderungen für ZF werden.
Für die CDU freute sich Fraktionschef Achim Brotzer. Er bezeichnet diesen Schritt als „industriepolitischen Paukenschlag für die gesamte Zuliefererbranche weltweit". Lobende Worte findet er für ZF-Chef Stefan Sommer , das sei ein richtiger Schritt, ein großer Brocken und eine beeindruckende Herausforderung. Aus Sicht der Zeppelin Stiftung und des Stiftungsrates müsse er den entscheidenden Personen vor allem wegen der offenen Informationspolitik danken. Dabei habe der Stiftungsrat stets auf die Dividendenfähigkeit für die Stiftung geachtet. „Das ist jederzeit gewährleistet gewesen“, sagt Achim Brotzer und bezeichnet die Information am Montagnachmittag als „Respekt einflößende, gute Nachricht“.
Chance oder Risiko?
Eberhard Ortlieb, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, bezeichnet den 12,4-Milliarden-Deal als eine „vorausschauende und sehr weitsichtige Entscheidung“ – nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für die Zeppelin-Stiftung. Für ihn steht fest, dass der Konzern seine Geschäftsfelder erweitern und verändern müsse, weil man mit Getrieben irgendwann kein Geld mehr verdienen könne. Angesprochen auf die Kaufsumme erklärt er, dass keine Zukunftsinvestition frei von Risiken ist. Aber: „Ich gehe davon aus, dass die handelnden Personen ihren Job verstehen und alles richtig gemacht haben.“
Heinz Tautkus, Gemeinderat der SPD, sagte stellvertretend für seine Fraktion: „Ich glaube, dass ZF jetzt den richtigen Weg gewählt hat, um die Zukunft zu bewältigen.“ Der Häfler Automobilzulieferer habe zwar schon jetzt „Spitzentechnologie für Automobile geliefert“, doch es sei darum gegangen, den Anschluss an Zukunftstechnologien und modererner Elektronik nicht zu verpassen. „Das Auto der Zukunft ist anderer Art. Da waren wir nicht gut gerüstet“, so Tautkus im SZ-Gespräch. Nicht ganz absehbar sei unterdessen die Bedeutung der Übernahme für die Stadt Friedrichshafen und den hiesigen ZF-Standort. Tautkus gab sich aber optimistisch: „Uns wurde versprochen, dass Arbeitsplätze nicht darunter leiden.“
Deutlich kritischer beurteilte die Gemeinderatsfraktion der Grünen die Nachricht von der TRW-Übernahme. „Ich kann nicht sagen, das ist gut oder schlecht. Aber ich habe auch ungute Gefühle“, sagte Grünen-Gemeinderätin Regine Ankermann. Mit Blick auf US-amerikanische Unternehmenskultur von TRW sagte sie, „die Firmenphilosophie des neuen Unternehmens könnte unter der Übernahme leiden.“ Das gelte insbesondere, da ZF-Chef Sommer die Geschäfte bereits jetzt anders führen würde, als sein Vorgänger Hans-Georg Härter. Auch bedeute die Fusion mehr Austausch von Personal zwischen den weltweiten Standorten des neuen Unternehmens, was Friedrichshafen ein zunehmend internationales Gesicht verleihe und die Stadt zu einer Drehscheibe mache. Das würde nicht nur positive Veränderungen bedeuten.
Und was sagt eigentlich die Belegschaft? Die Stimmung am Werkstor schwankt zwischen Skepsis und Zuversicht. „Hoffentlich geht das gut. Wenn das ein Stiftungsunternehmen tragen kann…“, sagt Sergie Schlegel. "Schon in Ordnung“, sagt ein anderer und huscht nach der Schicht davon. „Es birgt Chancen und Risiken“, sagt ein Mitarbeiter, der nur seinen Vornamen Peter in der Zeitung lesen will. „Chancen, weil sich die ZF vergrößern kann. Risiken, weil sie es noch nie gemacht haben.“ Markus Huber findet, dass sich die Portfolios der beiden Unternehmen „super ergänzen“. Sein Fazit ist: „Daumen hoch.“