Friedrichshafen / sz - Für Oberbürgermeister Andreas Brand ist es „bewegend und erhebend“, und Thomas Brandt, Geschäftsführer der Zeppelin Luftschifftechnik GmbH (ZLT), gibt sogar zu: „Ich hatte wirklich Tränen in den Augen.“ Der besondere Moment, der die beiden Männer vom Bodensee, die im normalen Berufsleben eher rational reagieren, emotional werden lässt: Am Samstag ist in den USA einer der drei Zeppeline neuer Technologie (NT) getauft worden, die der Reifenhersteller Goodyear 2011 bei den Luftschiffbauern aus Friedrichshafen geordert hat – das Stück zu 14,5 Millionen Euro. Der Name: „Wingfoot 1“. Die Erklärung: Der geflügelte Fuß symbolisiert den Götterboten Hermes und ist das Markenzeichen von Goodyear.
Brand und Brandt sind im Hangar in Akron/Ohio dabei, als Richard J. Kramer, Vorstandsvorsitzender des US-Konzerns, vor etwa 2000 Gästen betont, dass mit der Taufe ein neues Kapitel für den Goodyear-Blimp, eine der bekanntesten Werbe-Ikonen der Welt, aufgeschlagen werde – per Internet direkt in den Friedrichshafener Zeppelin-Hangar übertragen. Und sie erleben mit, wie die Journalistin und Nachrichtensprecherin Robin Roberts behutsam eine Flasche Champagner am Cockpit der Passagiergondel zerbricht und den Zeppelin und die millionenschwere Erfolgsgeschichte für ZLT benennt.
Kein Wunder, dass sich Thomas Brandt in einer anschließenden Live-Schaltung aus den USA nicht weiter daran stört, dass während der Zeremonie ständig von einem Blimp anstatt einem Zeppelin die Rede ist: „Das ist egal, Hauptsache unser Luftschiff fliegt. Der richtige Name wird sich noch durchsetzen.“ Zum Hintergrund: Das Unternehmen Goodyear setzte zuletzt auf Prallluftschiffe. Diese sogenannten Blimps haben kein inneres Gerüst.
Leichter, stabiler, flexibler
Graf Ferdinand von Zeppelin hatte Starrluftschiffe gebaut, deren Gestalt durch das Innenskelett aufrecht erhalten wurde. Der Zeppelin NT ist ein halbstarres Luftschiff, seine äußere Kontur bleibt durch den Eigendruck des Gases und eine Innenstruktur aus Trägern und Streben in Form. Der Zeppelin NT ist leichter als sein Vorfahre, fliegt stabiler als ein Blimp und ist flexibler.
Apropos flexibel: Das neue Goodyear-Luftschiff, das den Himmel über den USA vor allem als fliegender Werbeträger nutzen wird, unterscheidet sich von den beiden Zeppelinen, die derzeit über dem Bodensee ihre Runden drehen „vornehmlich in der Gondelgröße“, wie Michael Schieschke sagt. Das Mitglied der ZLT-Geschäftsleitung beobachtet genau wie Marketingchefin Andrea Fischer die Taufe vom Hangar in Friedrichshafen aus und erklärt: „Wingfoot 1“ hat 14 Sitzplätze und damit zwei mehr. Eine Platzausnutzung, die Michael Schieschke für nachahmenswert hält – wann und wie will er jedoch nicht verraten.
Was er dagegen gerne ankündigt: Die drei Goodyear-Zeppeline werden an den Standorten Akron/Ohio, Miami/Florida und Los Angeles/Kalifornien eingesetzt. „Wingfoot 1“ ist startklar, das zweite Luftschiff wird gerade in Friedrichshafen gefertigt, die Struktur geht im September in Containern raus. Der Zusammenbau erfolgt 2015 in den USA, die Übergabe ist für 2016 geplant. Ebenfalls 2016 geht der dritte Zeppelin in die Fertigung, er soll 2017 übergeben werden. Die Luftschiffe werden „Wingfoot 2“ und „Wingfoot 3“ heißen.
Doch nicht nur namenstechnisch ist das Goodyear-Geschäft eine runde Sache. Jedenfalls sind sich Brand und Brandt nach der Taufe einig: „Der Kreis schließt sich.“ Denn es ist nicht das erste Mal, dass sich die US-Amerikaner mit den Friedrichshafenern zusammentun: „Vor 90 Jahren haben Goodyear und Zeppelin bereits ihre Kompetenzen gebündelt und die innovativsten Luftschiffe ihrer Zeit gebaut“, betonte Thomas Brandt in einem früheren Gespräch mit der SZ. Die Neuauflage der Kooperation stimmt nicht zuletzt OB Andreas Brand als Vertreter der Zeppelin-Stiftung froh: „Der größte Auftrag der Unternehmensgeschichte sichert Arbeitsplätze und trägt den Namen Zeppelin in die Welt hinaus.“