Friedrichshafen / sz - Hinter dem Wörtchen "Bouldern" verbirgt sich kraftaufreibender Klettersport in luftiger Höhe. Hierüber konnte man sich bei der Outdoor-Messe am vergangenen Wochenende überzeugen. Immerhin stand dort die dritte Auflage des Bouldercups auf dem Programm (SZ berichtete). Unsere Mitarbeiterin Lena Reiner hat dies zum Anlass genommen, um an der Kletterwand in der Häfler Messehalle A1 ihr Können zu erproben.
Heute heißt es für mich: ohne Gurt und Seil an die Kletterwand – ganz schön heftig! Bouldern nennt sich diese Art von Sport, bei dem man sich ohne Sicherung in der Senkrechten und auch Waagrechten von Griff zu Griff hangelt. Die offizielle Definition klingt dann so: "Bouldern ist Klettern ohne Seil in Absprunghöhe".
Doch bevor ich an die Wand darf, muss ich mich zuerst passend kleiden. Bequeme Sportkleidung sollte es sein und beweglich muss ich in ihr sein. So weit, so gut. Das schwierige Feld beginnt erst ganz unten: Die Schuhe sind wichtig, die besonders eng am Fuß sitzen müssen. Je professioneller der Kletterer, desto enger die Schuhe, erfahre ich von Manuela Heisele. Sie ist vom DAV als Ansprechpartnerin vor Ort und klettert selbst seit fast 20 Jahren – mal mit und mal ohne Seil. "Anfänger brauchen noch keine Schuhe mit Vorspannung. Das heißt, ihre Zehen und Fersen sollen zwar anstoßen und der Schuh eng sitzen. Aber sie sollten noch nicht so eng sein, dass sie ihre Zehen einkrallen müssen."
Mir als Anfängerin rät sie, es nicht zu übertreiben "Ein besonders enger Schuh macht noch keinen guten Kletterer." Für den richtigen Grip sorgt die Sohle, die – je nach Wandbeschaffenheit – unterschiedlich hart sein sollte. Wirklich gehen kann ich in den Kletterschuhen nicht, die ich nach ihren Vorgaben ausgesucht habe. Nach kurzer Zeit auf ebenem Boden beginnen meine Füße zu schmerzen. Das sei vollkommen normal, so die Fachfrau. Man müsse sie eben zwischendurch auch mal ausziehen. "Bequem sollen die Schuhe nicht sein", meint sie lachend. Vielmehr schütze der enge Sitze die Füße und ermögliche überhaupt erst das Klettern an der Wand.
An die wage ich mich schließlich auch – und muss feststellen, dass ich bei den vorgeschraubten Griffen keinen Meter hoch komme. Mulden in den Griffen, in die man sich richtig hineinkrallen könnte, gibt es an der Wand für Profis keine. Vielmehr ertasten meine Hände nur rauhe Kunststoffoberflächen, bestenfalls eine ganz kleine Kerbe. Und dann beginnen schon wieder meine Füße abzurutschen, auch wenn ich mich noch so sehr überall da hineinbohre, wo ich eine Vertiefung vermute.
Guter Einstieg ins Klettern
"Für Anfänger gibt es natürlich auch viel einfachere Routen", beruhigt mich Heisele. Und betont, dass sie Bouldern für einen sehr guten Einstieg ins Klettern halte. Man mache schneller Fortschritte als beim Klettern in größeren Höhen mit Seil. Bouldern sei ein Sport, der durch Technik lebe. "Man lernt schnell neue Techniken, während es beim klassischen Klettern oft um Ausdauer geht, die es einem dann ermöglicht, die Wand hochzukommen."
Zum Schluss möchte ich noch wissen, ob ich als Frau mit meinen 1,70 Meter vielleicht auch einen Vorteil an der Wand habe. Schließlich bringe ich ja viel weniger Gewicht mit, das ich halten muss. Und weniger Körper, der – wenn es ansatzweise in die Waagrechte geht – durchhängen kann. Wieder bringe ich die Kletterfachfrau zum Lachen. "Die typische Ausrede im Bouldern ist: 'Dafür bin ich zu klein'. Das kann ich allerdings so nicht bestätigen. Vielmehr lernt jeder, mit seinem Körper umzugehen." Sie ergänzt, dass es natürlich Griffe gebe, zu denen man springen müsse oder die man einfach nicht mit unserer Spannweite abdecken könnte. Jedoch gebe es ja auch die Griffe, an denen große Menschen scheitern, wenn das Knie neben dem Ohr sei und der Fuß immer noch nicht dort, wo er hin müsse.
Mein Fazit: wem Yoga zu ruhig ist und wer dennoch einen Sport sucht, der ihm nicht nur Muskelkraft sondern auch ein besseres Verhältnis zum eigenen Körper beschert, der ist an der Boulderwand genau richtig. Nur schmerzempfindlich, das darf man wirklich nicht sein.