Friedrichshafen / sz - Der Fall hat im Mai 2014 für Wirbel gesorgt: Ein 19-jähriger Mann ohne Wohnsitz meldete sich bei der Polizei und berichtete von seiner Vergewaltigung auf einem Feldweg am Rande Friedrichshafens. Jetzt hat die Polizei mit Hilfe von DNA-Spuren einen Tatverdächtigen ermittelt. Der 42-jährige Allgäuer ist einschlägig vorbestraft.
"DNA-Treffer" nennen Polizisten das, was dem Mann aus dem württembergischen Allgäu jetzt zum Verhängnis geworden ist. Nach der Tat waren am 19-Jährigen Spuren fremden Erbguts gesichert worden. Diese DNA wurde mit anderen Proben verglichen. Weil der 42-Jährige mehrfach vorbestraft ist und unter anderem wegen der Vergewaltigung eines anderen Mannes in den 90er-Jahren eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt hat, ist auch seine Erbinformation bei den Behörden gespeichert.
Am Dienstag ist er an seiner Arbeitsstelle festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt worden. Seitdem sitzt er nach Auskunft von Jens Rommel, Oberstaatsanwalt in Ravensburg, in Untersuchungshaft. Er hat bislang zu den Vorwürfen keine Angaben gemacht.
In der Toilette angesprochen
Die Vergewaltigung soll am Samstag, 17. Mai 2014, gegen 19 Uhr passiert sein. Der junge Obdachlose hat der Polizei später erzählt, dass er auf der öffentlichen Toilette am Stadtbahnhof in Friedrichshafen von einem unbekannten Mann angesprochen worden sei, der ihm anbot, ihn mit nach Hause zu nehmen. Er habe dem hungrigen 19-Jährigen auch etwas zu essen und zu trinken versprochen. Der junge Mann willigte ein und stieg ins Auto des Unbekannten. Die Fahrt endete auf einem landwirtschaftlichen Weg am Ostrand der Stadt in Richtung Don-Bosco-Heim (Eriskirch). Dort sei er aus dem Wagen gezerrt, zu Boden gedrückt und gefesselt worden, berichtete der 19-Jährige der Polizei. Danach habe der Täter sexuelle Handlungen an ihm vorgenommen.
Nach Auskunft des Staatsanwalts ist der 42-Jährige dem 19-Jährigen körperlich überlegen. Als dann ein anderes Fahrzeug beim Auto seines Peinigers anhielt, habe der Täter seinem Opfer den Mund zugehalten und dem bislang unbekannten Zeugen zugerufen, dass er gleich wegfahren werde. Er habe dann vom 19-Jährigen abgelassen und sei geflüchtet.
Zunächst suchte die Polizei vergeblich nach dem Täter und dem Zeugen, jetzt hat moderne Labortechnik weitergeholfen. Dass der "DNA-Treffer" erst über zehn Monate nach der Tat gelungen ist, ist nach Auskunft von Fritz Bezikofer, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Konstanz, "der Normalfall". Die zuständigen Experten würde immer zunächst die DNA-Proben bearbeiten, bei denen dringender Handlungsbedarf besteht. So geschehen zum Beispiel nach dem Taximord von Hagnau, als der Täter innerhalb weniger Tage anhand der DNA-Spuren gefasst werden konnten. Ermittlungsfälle ohne Zeitdruck oder besonderes öffentliches Interesse würden nach und nach abgearbeitet.
Bis zu 15 Jahre Gefängnis
Der Gesetzgeber sieht im Falle einer Verurteilung wegen Vergewaltigung eine Strafe von zwei bis 15 Jahren Gefängnis vor. Ob und wann gegen den 42-jährigen Allgäuer Anklage erhoben wird, steht noch nicht fest.
Täter und Opfer kennen sich oft
Statistisch liegt die Zahl der Sexualdelikte im Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz im Schnitt des Landes Baden-Württemberg. 443 Fälle, bei denen unter anderem wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung oder Missbrauchs von Kindern ermittelt wurde, haben die Beamten im Jahr 2014 in den Landkreisen Ravensburg, Sigmaringen, Konstanz und Bodensee gezählt, sieben weniger als im Jahr zuvor. Die Aufklärungsquote lag bei 81,9 Prozent. Sexualdelikte passieren laut Polizei überwiegend im familiären und sozialen Nahbereich.Täter und Opfer kennen sich also meist. (mh)