Friedrichshafen / sz - Das, was sie bekommen hätten, das würden nur die Arbeitgeber als Angebot bezeichnen, erklärt Helene Sommer, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Friedrichshafen-Bodensee. Deshalb haben etwa 1000 am See beschäftigte Metaller am Montagvormittag ihre Arbeit niedergelegt, um auf dem Karl-Maybach-Platz sowohl mehr Lohn als auch bessere Bedingungen im Hinblick auf Alters- und Fortbildungsteilzeit zu fordern.
Für den Streik war das miserable Wetter so hilfreich wie das Angebot der Arbeitgeber für eine Einigung. Fanden jedenfalls die Streikenden. Doch trotz der Nässe, die vom Himmel fiel, und der Kälte strömten etwa 1000 Streikende auf den Karl-Maybach-Platz in Sichtweite des MTU-Werks 1.
Aber nicht nur aus Richtung MTU kamen Demonstranten. Auch die Beschäftigten von ZF, Zeppelin, MWZ, Liebherr und Braun wurden von der Gewerkschaft IG Metall dazu aufgerufen, die Arbeit ruhen zu lassen und sich an der Demonstration zu beteiligen. Laut Pressemeldung der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben seien es 10000 Arbeitnehmer in Friedrichshafen gewesen, die sich am Streik beteiligten.
Weil wir es verdient haben
"2,2 Prozent ist zu wenig für uns", sagte Roberto Salerno, der kurzfristig als Redner für ZF-Betriebsratsvorsitzenden Achim Dietrich-Stephan eingesprungen war. Die Auftragslage sei stabil, deshalb seien 5,5 Prozent mehr Lohn gerechtfertigt. "Weil wir es verdient haben", sagte auch Achim Zinser, Betriebsrat der MTU, und: "Wer hier am See mit seinen Kindern mal ein Eis essen gegangen ist, der weiß, dass das Leben hier viel teurer ist als anderswo."
Zinser forderte zudem eine fairere Umverteilung der Gewinne. Zuletzt habe Rolls Royce 300 Millionen Euro Rendite an die Eigentümer ausgeschüttet. "Da gibt es eine Elite, die gut verdient, und die bekommt auf ihr Vermögen auch noch mehr Geld drauf." Mit Jubel und Trillerpfeifen unterstrichen die Demonstranten lautstark die Forderungen.
Mehr Zeit, mehr Bildung
Aber es geht den Streikenden nicht nur um mehr Geld, sondern auch um mehr Zeit. Bessere Teilzeitarbeitsbedingungen im Alter und für Fortbildungsmöglichkeiten.
"Wir wissen doch alle, was auf uns zukommt", rief Enzo Savarino, Erster Bevollmächtigter der IG Metall, seinen Gewerkschaftskollegen zu. Der technologische Wandel erfordere es, dass Mitarbeiter gut fortgebildet würden. "Und das gilt nicht nur für ungelernte und angelernte, sondern auch für höher gebildete Arbeitskräfte."
Außerdem hätten die Arbeitgeber vor, der Altersteilzeit ein engeres Korsett zu verpassen: "Die wollen selbst entscheiden, wer in Altersteilzeit gehen darf und wer nicht", sagte Savarino. "Nur der, der besonders belastet ist, darf Teilzeit machen." Sie solle in Zukunft nur für Schichtarbeiter gelten und auch erst ab einer entsprechend hohen "Belastungsstufe". Damit sei die Altersteilzeit für den regulären Beschäftigten im Grunde genommen ganz abgesagt.
Trotz des Wetters, war Savarino der Ansicht, seien sehr viele Demonstranten auf den Karl-Maybach-Platz gekommen. Das sei ein starkes Signal an die Verhandlungspartner. "Wenn der Arbeitgeber meint, mit Sturheit kommt er weiter, dann zeigen wir ihm: Mit uns geht das nicht", rief Savarino.
Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber trafen sich am Montagmittag in Böblingen bereits zum vierten Mal, um die kommenden Tariflöhne zu verhandeln. Sollte es zu keiner Einigung kommen, werde es laut IG Metall weitere Streiks geben.
Unzufrieden mit dem Angebot der Arbeitgeber zeigt sich Helene Sommer, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Friedrichshafen-Bodensee im Videointerview mit der Schwäbischen Zeitung unter:
schwäbische.de/metallstreik-fn