Friedrichshafen / sz - 24 Stunden surfen, ein Tag auf dem Laufband joggen – Joey Kelly liebt Extreme. Durch mehr als 100 Marathons, Wüstenläufe und Ultramarathons hat sich der Extremsportler gequält, wie der 42-Jährige den rund 200 Zuhörern am Samstagabend in seinem Vortrag "No Limits" im Graf-Zeppelin-Haus deutlich gemacht hat.
Tatsächlich grenzenlos? Nee. "Gesund ist das nicht, was ich mache", räumt das ehemalige Mitglied der Kelly-Family nach anderthalb Stunden ein. "Als kleines Kind habe ich von Easy Rider geträumt", sagt Kelly. Jetzt würde der Extremsportler und Lebenskünstler, wie sich Joey Kelly gerne selbst nennt, am liebsten mit der Literaturfigur Phileas Fogg in Jules Vernes Roman gleichziehen: in 80 Tagen um die Welt. "Start ist in Paris. Ich glaube, dass es geht. Wahrscheinlich geht es auch viele schneller. Ich versuche es auf jeden Fall, ich hab nichts zu verlieren." Wie Joey Kelly das schaffen will? "Ausdauer, Ziel und Leidenschaft", macht der Mann sein Erfolgsstrategie klar. Ein Mann, der acht Ironman in einem Jahr geschafft hat – Weltrekord. Eine halbe Stunde später beschwört Joey Kelly ähnliche Werte: "Mut, Leidenschaft und Disziplin"– das brauche man, um seine Ziele zu erreichen.
Bis zu 30 000 Mark pro Tag
So extrem wie seinen sportlichen Leistungen ist auch Joey Kellys Vergangenheit. Joey Kellys Vater, 1930 geboren, wandelt sich vom Mönch zum Familienoberhaupt – zwölf Kinder zählt der Clan. Das Phänomen "Die Kelly Family" prägte den Sohn. "Mein Vater wollte schon immer frei und ohne Angst leben. Das will ich auch", sagt Joey Kelly vor einem Publikum, das ihm teils wie gebannt an den Lippen klebt. Und wer die Bildergeschichten im Jugendmagazin Bravo von damals nicht mehr vor Augen hat, erfährt Kellys Lebensgeschichte jetzt hautnah. "Ich wohnte im Container, ich war Container Jo. Tagsüber spielten wir auf der Straße. Vor dem Durchbruch kamen wir auf der Straße auf 20 000 bis 30 000 Mark pro Tag, an schlechten Tagen auf 3000 Mark. Kelly Family – wir waren totale Freaks, das war totaler Wahnsinn." Danach klingt auch Joey Kelly eigener Kampf gegen Zeit und Grenzen. "Das ganze Leben ist ein Marathon", macht der 42-Jährige klar, wie er das Leben sieht. Vor vier Jahren bestritt Joey Kelly mit Markus Lanz den "Wettlauf zum Südpol". In zehn Tagen legte das deutsche Team die Strecke von 400 Kilometern zurück, und das bei Temperaturen bis zu minus 40 Grad Celsius. Oder: Zu Fuß durchquerte Kelly in 17 Tagen Deutschland von Wilhelmshaven bis zur Zugspitze. Blasen, blutende Wunden und abgebrochene Fußnägel sind da programmiert. Indianer kennt kein Schmerz? Joey Kelly nennt es anders: "Schmerzen und Hunger sind nur die Hysterie des Körpers."
Je mehr Joey Kelly über den "Wahnsinn" des Wüstenlaufs, wie er Gewaltmärsche durch Hitze und Kälte nennt, spricht, desto schneller erzählt der Mann mit den glatt zurückgekämmten Haaren und dem kleinen Haarschwänzchen auch. Es geht Schlag auf Schlag. Und die Extreme gehen ihm wohl nicht so schnell aus. "Wie wär’s damit?", überlegt Joey Kelly laut: "Vom Timmendorfer Strand über die ehemalige DDR in den deutschen Süden." Joey Kelly liebt Extreme. "No Limits"