Friedrichshafen / sz - Nacheinander haben wieder das "Russische Klassische Staatsballett" und das "Staatliche Russische Ballett Moskau" mit "Schwanensee" und dem "Nussknacker" gastiert – zu eng beieinander, um den Hugo-Eckener-Saal des Graf-Zeppelin-Hauses zu füllen, und doch immer wieder einen Besuch wert.
Nur der Mittelblock war besetzt, als die junge Truppe des "Russischen Klassischen Balletts", welche die Deutsch-Russische Kulturförderungs-GmbH auf Tournee schickt, den "Schwanensee" tanzte. Ihr künstlerischer Leiter Konstantin Iwanow, früher Solist beim Bolschoi-Ballett, lehnt sich in seiner neoklassischen Choreografie eng an Marius Petipa an, vieles erscheint vertraut und dennoch gestrafft. Waren im vergangenen Jahr schon die Bräute zu vermissen, die dem Prinzen zur Auswahl vorgeführt werden, so fehlte diesmal ohne Begründung auch der im Programmheft noch mit Namen aufgeführte Hofnarr.
Schade, denn seine komischen Eskapaden, seine fröhliche Einmischung in die tanzenden Gruppen und sein gespieltes Beleidigtsein über die prompte Abweisung waren immer amüsante Tupfer im Hofleben, in dem anmutige Hofdamen mit ihren Kavalieren tanzen und mit graziösen Divertissements hervortreten. Geschmackvoll ist das Bühnenbild, das die Schauplätze mit Tüllvorhängen markiert, geschmackvoll sind auch die duftigen pastellfarbenen Kostüme für die Szenen am Hof, während die berühmten "weißen Akte" am Schwanensee natürlich in wippenden Tütüs getanzt werden. In immer neuen eleganten Promenaden und Kreisen bewegen sich zehn Paare und eine Dreiergruppe übers Parkett – leider ist der aufgelegte Bodenbelag störend hörbar, während die Tonqualität der Musik diesmal deutlich besser ist.
Siegfried gegen Rotbart
In weiten Sprüngen und mit in die Ferne gerichteten Blicken offenbart Prinz Siegfried (Konstantin Korotkov) während der Geburtstagsfeier seine unbestimmte Sehnsucht. Sobald er allein ist, tritt in spannungsvollem Pas de deux sein agiler Gegenspieler, der düstere Zauberer Rotbart (Kirill Parshin), hinzu. Nahtlos geht das Bild in die nächtliche Szene am Schwanensee über, wo sechzehn Schwäne in exakter Symmetrie die klassischen Bilder zaubern. Seelenvoll bewegt sich die geschmeidige Olga Chelpanova als Schwanenkönigin Odette, der der Prinz seine Liebe schwört – während sie ihn als schwarze Odile bei Hofe mit seelenlosen Pirouetten und Fouttés, mit aufgesetzter Koketterie umgarnt. Sprungkräftig zeigt der Prinz nach den schwungvollen Einlagen mit spanischem, ungarischem, neapolitanischem Tanz und Mazurka seine Freude über die vermeintliche Braut, innig flehend wird er Odettes Liebe zurückerobern, eine Liebe, der der Zauberer hier kampflos weichen muss.