Friedrichshafen / sz - Mit einem Regionalflughafen Gewinn einzufahren, gilt deutschlandweit als knifflige Aufgabe für Manager. Gerold Tumulka, Chef am Flughafen Friedrichshafen, will es am Bodensee dennoch schaffen. Mit SZ-Redakteur Hagen Schönherr hat er über alte Schulden und neue Geschäftsideen gesprochen – aber auch über die Sorgen des Unternehmens.
Herr Tumulka, Sie wollen demnächst „nur“ noch 400000 Euro Verlust im Jahr machen. Ist der Flughafen damit im Steig- oder im Sinkflug?
Nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 haben wir ganz klar Verluste eingefahren. Die konnten wir zuletzt deutlich verringern. Auch die Passagierzahlen, die damals eingebrochen sind, haben wir auf das Vorkrisenniveau zurückgeführt und zählen jetzt knapp 600000 Passagiere im Jahr. Das sind ordentliche Ergebnisse – wenn man berücksichtigt, wo wir herkommen. Ich nenne das einen Steigflug.
Bei Ihrem Amtsantritt war von 800000 Passagieren die Rede ...
Das ist eine ferne Perspektive von fünf bis zehn Jahren, weil eines klar ist: Wir brauchen ein gewisses Wachstum der Passagierzahlen, da die Kosten in der Luftfahrtbranche weiter steigen. Ohne Wachstum ist das nicht aufzufangen.
Das macht es nicht einfacher, die angestrebte „schwarze Null“ zu erreichen. Wann ist es soweit?
Ich werde mich nicht auf eine Jahreszahl festlegen, denn es lässt sich nicht sagen, wie sich die Luftfahrtbranche entwickelt. Ich kann aber sagen: Schwarze Zahlen sind der eindeutige Auftrag unserer Gesellschafter. Wir wollen dieses Ziel im laufenden Geschäft bald erreichen. Was uns weiterhin nach unten zieht, sind die Zinsbelastungen im Zuge unserer lange abgeschlossenen, extern finanzierten Bauvorhaben – zum Beispiel für das erweiterte Terminal.
Das Thema Schulden und Verluste beschäftigt am heutigen Dienstag auch den Kreistag. Was passiert dort?
Im Kreistag stehen gerade zwei Themen auf dem Plan: Im Jahr 2012 gewährte Darlehen unserer Gesellschafter in Höhe mehrerer Millionen Euro sollen in Eigenkapital umgewandelt werden. Das ist aus Flughafensicht sinnvoll, weil wir dann keine Zinsen mehr zahlen müssen. Außerdem soll Eigenkapital des Flughafens mit aufgelaufenen Verlusten gegengerechnet werden, damit am Ende wieder klare Zahlen in der Bilanz stehen. Das verschafft neuen Überblick: Ohne diese Verrechnung würde, wenn wir die schwarze Null erreichen, dann noch ein Berg von Schulden oder Verlusten abgearbeitet werden. Das ziehen wir jetzt sozusagen vor und konzentrieren uns dann auf das Tagesgeschäft: Ich will zum Beispiel versuchen, am Bodensee Airport mit gleichem Aufwand mehr Verkehr zu bewältigen. Es gibt auch Lücken im Flugplan, die wir noch füllen könnten. Wir wollen dafür namhafte Airlines gewinnen – und Passagierzahlen nicht künstlich per Billigflieger hochschrauben. Einfach wird das nicht.
Keine Billigflieger? Wenn zum Beispiel Ryanair nach Friedrichshafen zurückkommen wollte, da würden sie doch „Ja“ sagen!
Warum sollte ich das tun? Wenn Ryanair hier fordert, was sie an anderen Flughäfen fordert – nämlich dass wir nochmal eine Schubkarre Geld oben drauf legen sollten – dann ist das keine Basis für weitere Gespräche. Auf das System sind andere Regionalflughäfen angesprungen und besonders gut funktioniert das dort nicht.
Stattdessen versuchen Sie, mit Shoppingnächten und Marketingaktionen neue Geschäftsfelder aufzutun?
Das ist richtig. Wir versuchen natürlich über solche Veranstaltungen neue Geschäfte zu machen. Aber wir wollen vor allem erreichen, dass Menschen auf den Geschmack kommen, von Friedrichshafen aus zu fliegen. Es ist schon passiert, dass Menschen aus der weiteren Region nicht wissen, dass wir hier einen Flughafen haben. Unsere Veranstaltungen haben in dieser Hinsicht wirklich Effekte gezeigt.
Sie wollen auch das Luftfrachtgeschäft in Friedrichshafen vorantreiben. Ist das nicht ein Tropfen auf den heißen Stein?
Es ist eine Erweiterung unseres Angebots. Ein Flughafen sollte keine Geschäftsnischen haben, die nicht besetzt sind. Luftfracht kann im Zweifel den Profit einer Flugstrecke erhöhen und Airlines vielleicht dazu bringen, eine Strecke neu anzubieten oder eine bestehende aufrechtzuerhalten, weil Luftfracht die Auslastung steigert. Wir müssen jetzt mal sehen, wie das Angebot in der Region ankommt und dann werden wir entscheiden, ob es sich lohnt.
Die Fluggastkontrolle wird künftig nicht mehr vom Flughafen, sondern von einer externen Firma angeboten. Um Kosten zu sparen?