Friedrichshafen / shy - Wie ist das so, Thomas Hitzlsperger zu sein? Bundesligaprofi zu sein, Nationalspieler zu sein, schwul zu sein, ohne dass es in der Öffentlichkeit bekannt wird, und schwul zu sein, seitdem es der Öffentlichkeit bekannt ist? Darüber sprach Hitzlsperger am Donnerstag in der Bürgeruni der Zeppelin Universität vor ausverkauftem Haus.
Irgendwie haben die beiden Moderatoren, Juniorprofessor Marian Adolf und ZU-Student Stefen Sieler, aber erst mal ziemlich lange um den heißen Brei herumgeredet. Nach 40 Minuten Gesprächszeit über Fußball in Bayern, Fußball in Stuttgart und Fußball in England, kamen sie dann endlich auf den Punkt: „Ist der Fußball die letzte konservative Bastion der Gesellschaft?“, fragte Steffen Sieler.
Nun folgte eine spannende Auseinandersetzung darüber, wer oder was eigentlich dafür verantwortlich ist, dass bislang noch immer kein aktiver Profifußballer sich zu seiner Homosexualität bekennt. „Meine größte Angst war nicht die vor den Fans“, erklärt Hitzlsperger. „Mir haben so viele Leute auf die Schultern geklopft nach dem Outing, dass ich glaube, das würde auch für einen Aktiven gelten. Auch die Sponsoren, die Druck angeblich ausüben, seien wohl kaum verantwortlich. „Die wenigsten Spieler haben echte Werbeverträge“, sagte der 32-Jährige. Wenn, dann hätten sie sogenannte Ausrüster.
Tatsächlich gebe es auch viele Unternehmen, die sich Vielfalt und Offenheit auf die Fahnen schreiben und nur darauf warten würden, dieses Image mit einem homosexuellen Sportler als Werbepartner auch belegen zu können. Hitzsperger ist der Ansicht, dass eher ziemlich nüchterne Gründe verantwortlich seien, dass kein Aktiver mit der Wahrheit herausrücke. Die Aufmerksamkeit, die er nach dem Outing bekommen habe, sei enorm gewesen. Dafür habe ein aktiver Spieler einfach keine Zeit. Der Sport und die Karriere stünden da im Vordergrund.
Wenn Thomas Hitzlsperger spricht, dann fällt das Zuhören nicht schwer. Er ist charmant, er lacht gern, und er ist intelligent, was bei Fußballern kein notwendiges Einstellungskriterium ist.
Und er schenkt den Zuhörern ein Stück weit Ehrlichkeit. Immer dann, wenn er einem Satz ein „Okay?“ anhängt, mit dem er noch mal klar machen will, dass seine Botschaft angekommen ist, unterstreicht er seine Offenheit. Warum er denn auch seiner Familie erst mit Ende 20 mitgeteilt habe, dass er schwul sei? „Du merkst, du bist anders, okay?“, antwortet Hitzlsperger und macht eine Pause, „da brauchst du erst mal Zeit!“
Direkte Fragen aus dem Publikum
Ganz direkte Fragen traute sich am Ende dann wenigstens das Publikum zu stellen: Jens Lehmann habe mal gesagt, er sei sich nicht sicher gewesen, ob es ihn gestört hätte, mit Hitzlsperger zu duschen, hätte er gewusst, dass er schwul sei. „Wie war es denn, mit Lehmann zu duschen?“, fragte ein junger Zuhörer. „Jens Lehmann und ich spielen heute noch zusammen Fußball“, antwortete Hitzlsperger. „So schlimm kann es also nicht gewesen sein.“ Und sonst: Nur weil man schwul sei, stehe man ja nicht auf alle Männer dieser Erde.
Die TV-Moderatorin Katrin Bauerfeind besuchte Thomas Hitzlsperger, als er ein Praktikum bei dem Sportmagazin 11 Freunde machte. Hier gibt’s das Video:
szon.de/hitzlspergerzdf