Friedrichshafen / sz - Einen Haushalt, der „kaum Wünsche offen lässt“ hat Landrat Lothar Wölfle am 18. November zusammen mit dem Finanzdezernenten des Bodenseekreises, Uwe Hermanns, dem Kreistag vorgestellt. Thema Nummer eins waren diesmal nicht nur die Zahlen, sondern die Aufnahme von Flüchtlingen aus den Krisenregionen Vorderasiens und Nordafrikas.
Dass der ungebremste Zustrom von Asylbewerbern sozial und finanziell eine enorme Herausforderung darstellt, machte Wölfle eingangs seiner Haushaltsrede deutlich. Wie der Landrat sagte, haben seit Mitte vergangenen Jahres etwa 750 Menschen im Bodenseekreis einen Asylantrag gestellt. 2015 werde der Landkreis etwa 100 Flüchtlinge pro Monat aufnehmen müssen. „Wir sollten ihnen Chancen eröffnen, hier eine neue Lebensgrundlage zu finden“, sagte Wölfle. Das bedeute, „dass wir mehr tun müssen als nur für ein Dach über dem Kopf zu sorgen“.
Mit 2,2 Millionen Euro will der Bodenseekreis 2015 neuen Wohnraum für Flüchtlinge schaffen. Weitere 6,9 Millionen Euro sind für Leistungen vorgesehen, angefangen von der Hilfe zum Lebensunterhalt bis hin zu Sprachkursen. Unbefriedigend sei die Kostenerstattung durch das Land, sagte Wölfe und rechnete vor, dass der Landkreis 3,7 Millionen aus eigenen Mitteln für diese staatliche Aufgabe aufbringen müsse. Unbefriedigend sei auch die Weigerung des Landes, Flüchtlinge aus so genannten sicheren Drittstaaten abzuschieben. „Wir hätten sofort 20 Prozent Plätze frei, die denjenigen zugute kämen, die wirklich verfolgt sind“, sagte der Landrat.
Sozialausgaben steigen
Der Haushalt 2015 mit einem Gesamtvolumen von fast 300 Millionen Euro ist geprägt von einem weiteren Abbau der Schulden, einer konstanten Kreisumlage und Investitionen vor allem in Schulen und Straßen. Um diese 23,5 Millionen Euro Investitionen zu schultern, entnimmt der Kämmerer 3,1 Millionen Euro der Rücklage, die sich dadurch auf 16,2 Millionen Euro verringert.
Infolge der erfreulichen Entwicklung der Finanzkraft der Städte und Gemeinden steigt die Kreisumlage bei gleich bleibendem Hebesatz von 30,5 Prozentpunkte um 8,8 Millionen Euro auf 79,3 Millionen Euro. Dennoch kann der Kreis damit das Defizit der Sozialausgaben in Höhe von 82,4 Millionen Euro nicht decken.
Der Schuldenabbau, den sich der Landrat seit Beginn seiner Amtszeit auf die Fahnen geschrieben hat, geht weiter. Ende 2015 werden es nach Plan nur noch 29,1 Millionen Euro sein, das sind halb so viel wie noch 2006. Auf der anderen Seite aber wachsen die Aufgaben und steigen die Kosten. Die Sozialausgaben, die mit 145 Millionen Euro fast die Hälfte des Haushaltsvolumens ausmachen, sind nur zu 40 Prozent gedeckt. Vor allem die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und die Zunahme von Menschen mit seelischer Behinderung schlagen zu Buche.
OEW schüttet weniger aus
Bemerkbar macht sich im Bodenseekreis das schrumpfende Betriebsergebnis der EnBW. Die Ausschüttung der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) geht deshalb um 2,4 Millionen auf 1,6 Millionen Euro zurück. In guten Zeiten waren es schon mal annähernd zehn Millionen, die der Landkreis aus der OEW-Beteiligung verbuchen konnte. Nach heutigem Wissen werde die EnBW-Welt ab 2017/18 wieder freundlicher aussehen, sagte Wölfle. Obwohl der Landkreis Stellen abbaut, steigen die Personalausgaben um knapp drei Prozent auf 47,3 Millionen Euro. Das liege an Tarif- und Besoldungserhöhungen sowie an neuen Stellenanträgen und Aushilfen. Geplant sind 810 Stellen. Da der Bauboom nach wie vor anhält, rechnet der Kreis mit einer um zwei Millionen Euro steigenden Einnahme an Grunderwerbsteuern von 14,4 Millionen Euro.
Die Investitionen seien mit 23,5 Millionen Euro zwar etwas niedriger als 2014. Die größten Brocken fließen in die Sanierung des BuldungszentrumsMarkdorf, der Pestalozzischule Markdorf und der Berufsschulzentren Friedrichshafen und Überlingen. Mit der Südumfahrung Kehlen solte es 2015 eindlich losgehen, sagte Wölfe. Er habe auf einen Spatenstich noch im Dezember gehofft. „Leider haben uns die neuen Förderrichtlinien des Landes hier arg zurückgeworfen“, sagte der Landrat. Mehr als eine Million verschlingt die technische Erneuerung der Rettungsleiststelle sowie der Brandschutz im alten Landratsamt.
Eine erneute Denkpause hat sich der Landkreis im Hinblick auf die Generalsanierung des alten Landratsamts und die Schaffung zusätzlicher Stellplätze für Besucher verordnet. Nachdem die Kosten sich mit 25 bis 30 Millionen Euro im Rahmen eines Neubaus bewegten, „müssen wir andere Möglichkeiten in Erwägung ziehen“, sagte Wölfe.
Verabschiedet wird der Haushalt als Satzung voraussichtlich in der Kreistagssitzung am Dienstag, 16. Dezember.
Gesamtvolumen: 299,7 Millionen Euro
Verwaltungshaushalt: 277 Millionen Euro
Vermögenshaushalt: 23,5 Millionen Euro
Nettoinvestitionsrate: 6,5 Millionen Euro
Kreisumlage: 79,3 Millionen Euro
Sozialausgaben: 145,5 Millionen Euro
Personalausgaben: 47,3 Millionen Euro
Schulden: 29,1 Millionen Euro
Invetstitionen (Auswahl):
1,5 Millionen für Rettungsleiststelle, 2,2 Millionen Asylunterkünfte, 2 Millionen Sanierung Schulen, 2 Millionen Südumfahrung Kehlen, 1,9 Millionen Erneuerung Fahrbahnbeläge, 2,3 Millionen Entsorgungszentrum Weiherberg.