Friedrichshafen / sz - Die Segelsaison am See ist zu Ende. Wenn auch mancher Skipper sein Schiff wegen der schönen Oktobertage noch etwas länger im Wasser liegen gelassen hat, der Yachthafen des Württembergischen Yachtclubs (WYC) mit seinen rund 270 Schiffen beispielsweise dürfte schon in den kommenden Tagen geleert sein. „Zu 98 Prozent jedenfalls“, wie Hafenmeister Jörg Herfurth gegenüber der SZ prophezeit.
Für die kommenden Monate gehört der Yachthafen in Nachbarschaft des Graf-Zeppelin-Hauses also allenfalls noch Blesshühnern und Schwänen. Ein bootsleerer Hafen sei zu diesem Zeitpunkt „auch ganz normal“. Für eine mögliche Saisonverlängerung nach verregnetem Sommer aber warmem Herbst sieht Herfurth keine Anzeichen. Dass die Saison grundsätzlich immer mehr in den Spätherbst reingeht, davon spricht Hans-Joachim Landolt, Bootsbaumeister und Inhaber der Michelsen-Werft am Seemooser Horn. „Der Herbst zeigt sich mehr und mehr segelattraktiv.“ Er sei nicht nur windreich, sondern inzwischen oft auch sehr warm. Zudem gebe es durch die tiefstehende Sonne viel tolle Stimmung am See: „Da glitzert alles“, sagt der Bootsbauer und mit allen Bodenseewassern gewaschene Segler.
Und trotzdem, das Saisonende ist greifbar. Auch in Friedrichshafen, wo Flachwasser im Herbst eh zu schnellerem Saisonende zwingt. Annähernd 1000 Yachten und Boote aus den Häfen in Fischbach, dem BSB-Schiffshafen und des WYC-Yachthafens kommen aus dem Wasser. Sie überwintern nach Worten von Landolt zu einem Drittel in geschlossenen Winterlagern (wie etwa dem clubeigenen des WYC in Seemoos), der Großteil verbringt die Zeiten von Frost und Schnee im Freien. „Sie kommen raus, weil in der kalten Jahreszeit eh niemand mehr segelt – und nur ganz wenige Eigner ihr Boot der kalten Witterung aussetzen wollen“, sagt Landolt. Vor allem aber: „Der Winter bringt die Zeit zur Pflege, Wartung und Reparatur.“ Kein Wunder, dass mit Ende der Segelsaison für die Werften und Servicebetriebe rund um den Wassersport die Hauptsaison beginnt. „Da haben wir die meiste Arbeit“, meint Landolt und verweist als Firmenchef auf den Stellenwert von Wartung und Reparatur: „Dieser Dienst am Kunden ist unser wichtigster Betriebszweig, sichert letztendlich die Existenz der Werften am See.“ Für Wartung und Reparatur, „im Durchschnitt gibt ein Segler am Bodensee jährlich zwischen 2000 und 3000 Euro für sein Schiff aus“, schätzt Szenenkenner Landolt. Ganz besonders beim Überwintern im Freien gilt: Das Boot oder die Yacht muss winterfest gemacht werden. Kühlwasser bekommt Frostschutz, Öle werden gewechselt, Batterien und Akkus brauchen besondere Pflege. Je komfortabler eine Yacht ausgerüstet ist, desto mehr Wartung ist angesagt. Toiletten, Kühlschränke, Klimaanlagen oder Duschen lassen grüßen. Grundsätzlich gilt: Ein Schiff an Land und im Freien muss ordentlich abgedeckt werden. Es müsse innen trocken und gut belüftet sein: „Schimmelkulturen in einem Schiff sind der Horror eines jeden Eigners“, weiß Hans-Joachim Landolt. Und, recht aufwendig ist der Erhalt einer hölzernen Schönheit. „Zwei Stunden schleifen, eine Stunde segeln“, lautet eine alte Weisheit von Holzschiff-Eignern.
„Kein Segler will gebremst in die Saison schippern“
Ob mit Holz-, Stahl- oder Kunststoffboot: Im Frühjahr dann kommt der große Run. Normalerweise kurz vor Ostern. Da hält’s keinen mehr. Alle wollen ins Wasser. Vor dem Aufbruch in die neue Saison erfährt jedes Schiff aber noch eine besondere Behandlung am Unterwasserschiff: Der Rumpf wird unter der Wasserlinie mit modernen Unterwasserfarben (idealerweise biozid-und kupferfrei) gestrichen. Die Beschichtungssysteme sollen dem Algenbewuchs vorbeugen. „Kein Segler nämlich will gebremst durch die neue Saison schippern“, meint Landolt. Auch er weiß, dass am Bodensee hauptsächlich Grün- und Kieselalgen ungeliebte Mitsegler sind.