Friedrichshafen / sz - Die Stadt Friedrichshafen beteiligt sich seit 2007 mit jährlich 5000 Euro an der Finanzierung einer Schwerpunktpraxis für Suchtmedizin in Ravensburg. Seit 2014 erweitert sie ihr Engagement: Zur Förderung der Drogenersatztherapie fließen jetzt auch 5000 Euro nach Friedrichshafen. In die Hausarztpraxis von Dr. Silke Siethoff.
Die Allgemeinmedizinerin ist allerdings nicht neu in die Versorgung von Substituierten eingestiegen. Sie beschäftigt sich in Friedrichshafen mittlerweile zehn Jahre mit dieser Art von Suchttherapie. Substitutionsbehandlung ist neben der klassischen, primär entzugsorientierten Behandlung, die wichtigste anerkannte Behandlungsmethode für Opiatabhängige. Der ursprünglich illegal besorgte „Stoff“ (hauptsächlich Heroin) wird durch ein legales, vom Arzt verordnetes Substitut ersetzt. Silke Siethoff erachtet diese Behandlungsmethode als „sehr wichtig“. Die Klientel ist zahlenmäßig zwar überschaubar, ihre Patienten seien „abhängig, sind in der Regel aber sozial integriert und gehen arbeiten.“ Bedeutender Aspekt für die Ärztin: „Sie sind aus dem kriminellen Milieu rausgekommen, weil sie jetzt diese Art von Hilfe bekommen.“
Die medizinische Sicht: „Drogenabhängige Menschen sind auch Patienten. Sie sind chronisch krank wie Menschen mit Diabetes“, meint die Häfler Ärztin. Und beide bräuchten einen Arzt. Was die Kassen für die Therapie bezahlen, ist aber „nicht üppig“.
„Eine schöne Geste“
Deshalb freut sich Silke Siethoff über die jährlich 5000 Euro der Stadt Friedrichshafen. „Das ist eine schöne Geste“, meint sie, betont aber, dass die Substitutionstherapie in ihrer Hausarztpraxis nebenher läuft, sie keinesfalls eine Schwerpunktpraxis für Suchtmedizin werden wolle. „Ich hoffe, dass deswegen die Patienten nicht ausbleiben. Substitutionspatienten haben nämlich ein schlechtes Image.“
Die finanzielle Vergütung bei der Substitutionstherapie ist eine Sache, „die dauernde Verfügbarkeit“ der behandelnden Ärztin eine andere. Sie steht im Bodenseekreis auf weiter Flurmehr oder weniger allein. Sie hat weder Kollegen, die sich in ihren Praxen der Substitutionstherapie annehmen und auch keinen Vertreter: „Ich kann deshalb nicht mit ruhigem Gewissen in Urlaub gehen“, sagt die Medizinerin, die seit Monaten nach einer Vertretung sucht und niemanden findet.
Drogensubstitution ist im Klinikum Friedrichshafen genauso wenig möglich (Klinikchef Johannes Weindel: „Wir können und dürfen nicht“) wie im Zentrum für Psychiatrie, das am Klinikum eine Außenstelle hat. Das ZfP könne, so geht es aus dem Substitutionsbericht des Häfler Kultur- und Sozialausschusses hervor „allenfalls eine Mitversorgung der Patienten psychiatrischen Institutsambulanz anbieten“. Der Ausschuss soll den „aktuellen Stand zur Förderung der Drogensubstitution in seiner Sitzung am 12. November zur Kenntnis nehmen.
„Niemand will Substitutionspatienten haben“, beklagt sich Silke Siethoff. Mit dieser Aussage steht sie nicht allein. In einem Schreiben an die Kassenärztliche Vereinigung hat das Sozialdezernat des Landkreises im Juni 2012 auf die schwierige Situation im Kreis hinsichtlich der Versorgung von Substituierten hingewiesen. Und nicht nur das. Der Sozialdezernent hat die Sorge zum Ausdruck gebracht, wie die KV weitere Ärzte für Drogenersatztherapie gewinnen könnte. In ihrer Antwort bestätigte die KV die Schwierigkeiten bei der Sicherstellung der substitutionsgestützten Therapie genauso wie sie Korrekturbedarf bei der Honorierung dieser Leistung sieht. Konkrete Lösung für den Bodenseekreis: Fehlanzeige. Doch wie gesagt: Die städtische Unterstützung ist eine „schöne Geste“.