Friedrichshafen / sz - Mit dem Handlungsballett „Romeo und Julia“ hatte die Kompagnie „Les Ballets de Monte Carlo“ 2006 im Graf-Zeppelin-Haus die Ballettfreunde begeistert, jetzt ist die Truppe von Jean-Christophe Maillot mit zwei seiner abstrakten Choreografien wiedergekommen. Und wieder hat das Ensemble mit seiner Synthese aus neoklassischem Ballett und zeitgenössischem Tanztheater, mit der Präzision, Kraft, Eleganz und federnden Leichtigkeit seiner Tänzer fasziniert.
Musik und Gesang von Claudio Monteverdi begleitet Maillots 38-minütige Choreografie „Altro Canto 1“ von 2006. Es sind Bilder von hoher Ästhetik, die sich einprägen, auch wenn man keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Musik erkennt. Die Tänzer würden tanzen, was sie zur barocken Musik fühlen, war zu lesen. Dabei mischen sich ganz ruhige, fast Zeitlupenbewegungen mit kraftvollen Sprüngen, Drehungen und Hebungen, mischt sich Spitzentanz mit Akrobatik, mit Kopf- und Handständen in perfekter Ruhe und Eleganz. Miniaturen stehen neben vitalen Ensembleszenen. Gedämpftes Licht bringt Karl Lagerfelds goldfarbene Kostüme zur Wirkung, auch wenn auf Reisen die brennenden Leuchter fehlen, die zu Hause die Bilder begleiten. Nur eine einzige Kerze schwebt vom Schnürboden herab, während unten eine Frau von einer Reihe von Männern auf Händen weitergereicht, durch die Reihen gehoben wird, ja durch die Reihen fliegt. Berückend ist hier die Leichtigkeit und Geschmeidigkeit von Monte Carlos Primaballerina Bernice Coppieters. A propos Männer und Frauen: Im „Altro Canto“ spielt das Geschlecht keine Rolle, die Tanzenden tragen Hosen oder kurze Röckchen, gleich ob Mann oder Frau. Faszinierend ist, wie anders ein Pas de deux in klassischer Verteilung von Porteur und Partnerin wirkt, wenn letztere Rolle von einem Mann im Röckchen eingenommen wird: Aus grazil wird viril, wird männliche Eleganz. Eine hübsche Episode ist ein Pas de deux, bei dem das Paar sich magnetisch anzuziehen scheint, sich entgegenbeugt oder wegdreht, ohne dass Hände oder Körper sich je berühren. Dynamisch endet das Werk mit zwei konträren Gruppen, die sich zu spannenden Bildern ergänzen.
Stehen, drehen, schweben
Ganz in Weiß – die Herren in langen Shirts und Hosen, die Damen in kurzen Trikots – wird die Choreografie „Vers un pays sage“ von 1995 getanzt, ein Werk, das Maillot als Hommage an seinen damals früh verstorbenen Vater geschaffen hat, ein Werk, das mit mitreißender Dynamik dessen vitale Lebenskraft und Lebensfreude feiert. Sie stehen, rennen, rudern mit den Armen, drehen Pirouetten, schweben über den Köpfen, ziehen sich an und entziehen sich. Figuren setzen sich fort, lösen sich ab, spielen am Boden oder schweben abenteuerlich in der Luft – man wird nicht müde zu schauen.