Friedrichshafen / sz - Barocke Musik trifft auf Jazz – eine gewagte Mischung oder ein guter Weg, altertümliche Musik wieder salonfähig zu machen? Im gut besuchten Ludwig-Dürr-Saal des Graf-Zeppelin-Hauses am Freitagabend konnte das Publikum darüber selbst entscheiden.
Das im Jahr 2000 von Lautenistin Christina Pluhar begründete Ensemble l’Arpeggiata ist bekannt dafür, Gratwanderungen zwischen musikalischen Genres zu gehen, Alt und Neu zusammenzuführen und so neue Klanggebilde zu schaffen. Dafür erhielt das Ensemble bereits dreimal den Klassik-Echo. Kein Wunder, dass zahlreiche Zuhörer sich auf das Experiment einlassen, die Begegnung von Henry Purcells barocken Kompositionen und moderner Jazzmusik live zu belauschen. Man kennt den englischen Komponisten nicht zuletzt bereits durch The Who im Kontext moderner Musik, dennoch bleibt eine solche Begegnung etwas Neues und Besonderes.
Unter der Leitung von Puhar und mit ihr an der Theorbe entfaltet sich so ein recht ungewöhnliches Klanggebilde im GZH, das zeitweise leider technischen Schwierigkeiten zum Opfer fällt. An die Aufnahmen des gleichnamigen Albums zur Tour „Music for a while“ kommt dieser Konzertabend daher leider nicht heran, dennoch begeistern gerade die jazzigeren Nummern die Anwesenden auch in dieser Liveversion.
Doch gerade die Mischung macht diesen Abend aus und besonders kurzweilig. Manche Stücke gibt das Ensemble beinahe in seiner Ursprungsversion zum Besten, dann wieder vermischen sich Purcells Klänge mit neuen Elementen. Manchmal ist die Mischung harmonisch, manches Mal stehen sich hier aber auch Klänge gegenüber, die sich nicht einig werden mögen und genau aus dieser Spannung entsteht dann etwas gänzlich Neues, das zum genauen Hinhören einlädt. Viele Passagen sind angenehm zart und leise, man muss den Tönen hinterherspüren, bis sich dann wieder ein lauteres Klanggespinst entfaltet, wenn alle Instrumente gemeinsam erklingen.
Trovesi begeistert das Publikum
Klarinettist Gianluigi Trovesi trägt nicht zuletzt einen entscheidenden Anteil dazu bei, wenn sich das Publikum im Graf-Zeppelin-Haus zu wahren Begeisterungsrufen hinreißen lässt.
Sopranistin Nuria Rial überzeugt mit glasklarer Stimme, während Countertenor Vincenzo Capezzuto Henry Purcells Stücke mit seiner Altstimme zu ihrem ursprünglichen Leben erweckt. Erstaunlich, wie viel weniger emotional und mitreißend dann das abschließend gesungene „Hallelujah“ aus seinem Munde klingt. Hier lässt sich streiten, ob dies ein Zeichen dafür ist, wie stimmig, einfühlsam und emotional die Interpretation von Purcells Musik an diesem Abend gewesen ist, dass sogar ein solches Stück nicht mehr dagegen ankommen kann, oder ob Capezzutos Stimme einfach zu klar und glatt ist, um diesem Lied das nötige Gefühl einzuhauchen.
Mit viel Beifall endet ein experimenteller Konzertabend und macht neugierig, welche musikalischen Begegnungen sich das Ensemble in Zukunft noch einfallen lassen wird.