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Der Rebell scherzt, schwätzt und singt

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Friedrichshafen / sz - Hans Söllner hat am Samstag das totgeglaubte Fischbacher Kulturzentrum aufgemischt. Der bayerische Rebell sang, zupfte auf der Gitarre und klopfte Sprüche. Hunderte Besucher strömten in den proppenvollen Bahnhof Fischbach.

Kaum auf der Bühne, betet Söllner gebetsmühlenartig seine möchtegern-philosophischen Lebensweisheiten herunter. Einstudierte Gags oder eigene Erfahrungen? Das bleibt offen. Sicher ist: Der Liedermacher kommt mit seinen Sprüchen an. „Seid ihr gut drauf? Die Frage kommt mehrmals, dann mit Nachdruck. „Wenn ihr nicht gut drauf seid, hängt euch auf“, sagt Söllner vermutlich sinnbildlich. Das kurble nur die Hanfseilindustrie an, scherzt er.

Satte 20 Minuten plaudert der Bayer im Bahnhof aus seinem Leben, spricht von Freiwilligkeit, Freiwilligkeit und nochmals Freiwilligkeit. Das Wort taucht gefühlt in jedem fünften Satz auf. „Ich bin verheiratet, hab’ zwei Kinder. Aber ich bin freiwillig bei meiner Frau.“

Nur beim Thema Polizei gerät das geistige Gut ins Wanken. „Nee, den Führerschein geb’ ich nicht her. Da müssen die mich schon zwingen“, sagt Söllner, der schon vor mehr als drei Jahrzehnten im Bodenseekreis sein Publikum aufgemischt hat. „Als Söllner vor 35 Jahren in den Theaterstadel auf den Gehrenberg kam, hat die Polizei die Straße abgesperrt und die Konzertbesucher kontrolliert, ob sie Stoff dabei haben“, erinnert sich Ex-Bahnhof-Fischbach-Betreiber Peter Berchtold schmunzelnd.

Ein Publikumsmagnet

Söllner zieht an wie ein Magnet. Er singt von „Edmund Stöiber, der sein zweitbester Freund ist“, polarisiert, und spricht vom „geistig behinderten Seehofer“, dem er sein Geld in den Rachen werfen muss. Söllner platzt schier vor Energie, holt aus, überlegt sich laut, ob er als „Volksverhetzer“ gilt und kommt nach Dahingesagtem wie „Scheiß Preußen und Scheiß Bayern“ zu Großem: Respekt. Söllner predigt das Wort hoch und runter, gibt Beispiele. Staatsführung hingegen ist nicht Söllners Sache. „Ich halte nicht viel von Politik und Korrektheit.“ Das Thema Justiz kennt Söllner jedoch. „Das habe ich von der Pike auf gelernt“, witzelt der bärtige Bayer, der mit Marshall-Verstärker und Klampfe auf der Bühne sitzt, immer die Füße auf dem schwarzen Gitarrenkoffer.

Viel mehr als fünf, sechs Lieder schafft Söllner in der ersten Halbzeit nicht. Scherzen, schwätzen, singen – das ist der Takt. „In Uniform ist noch keiner was geworden“, singt kurz darauf der Kauz, der mit seinem Draufhauen auf Politik und Justiz manchmal sei er ein rebellisches Kind. Da verwundert es sehr, als Söllner zum „Lob auf den lieben Gott“ anstimmt. Der Liedermacher bedankt sich für „die Berechtigung, auf dieser Welt leben zu dürfen. Und: „Für mich bedanke ich mich bei dir.“


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