Friedrichshafen / sz - Schon im Flur der Galerie Plattform 3/3 im Fallenbrunnen empfangen einen Günther Uttechts 50 mal 70 cm große Landschaftsgemälde. Hinter glühend roter Erde ein dampfendes Meer, darüber ein gelber Bergkegel oder ist es gelbe Gischt? Rätselhaft sind diese Bilder, die keineswegs das sind, was sie auf den ersten Blick suggerieren.
Immer mal wieder fangen Fotografen an zu spielen. Vor Jahren zeigte in Überlingen Lilly Pohl-Heuer, ehemalige Abteilungsleiterin großer Fach-Fotolabors, mystische Makroaufnahmen von markanten Baumrindeausschnitten, die aus dem Mikrokosmos große Landschaftsgemälde entstehen ließen.
Gesichter im Granit
Fast jeder kennt den Effekt, dass man beispielsweise bei längerem Betrachten im Granitboden Gesichter oder Figuren entdeckt, die ein anderes Mal wieder ganz anders aussehen. Auch wenn man mit der Kamera ganz nahe an ein Objekt herangeht, fängt man ungewöhnliche Bilder ein – aber man muss den Blick dafür haben, muss im Kleinen das Große erst entdecken.
Ganz zufällig hat der frühere Journalist Günther Uttecht die Makrofotografie für sich entdeckt. Im Januar 2013 hat er in der Plattform 3/3 „mit der Kamera gemalte“ abstrakte Bilder gezeigt, die von Schuttcontainern in aller Welt stammten. Jetzt ist er wiedergekommen mit Aufnahmen aus dem Fallenbrunnen, wo er seine Motive an verrosteten Metalltoren, verkratzten Containern und Schuttmulden gefunden hat. „Landschaft Fallenbrunnen“ hat er diese „Gemälde“ genannt. Und tatsächlich entdeckt man in den Verletzungen lackierter Flächen, in Ausblühungen und Rostflecken Muster, Zeichnungen, ja ganze Landschaften, die an Altdorfer erinnern, an Renaissance-Gemälde, aber auch an Gerhard Richter oder Anselm Kiefer.
Es ist faszinierend, wie viele gestochen scharfe Details in diesen Großvergrößerungen von Fotos einer kleinen Kompaktkamera zu entdecken sind. Da wird das Blau der ZU-Container zum bewegten Himmel, das Gelb der Baumaschinen zum Wüstensand. Kleinste Fleckchen von Baumaschinen, Abfalltonnen oder rostigen Toren entfalten eine eigene Schönheit, die das alte künstlerische Thema von der Vergänglichkeit in neuem Licht zeigt, in ungewöhnlichem Licht. Eine größere Baustelle wie die im Fallenbrunnen birgt da ungeahnte Möglichkeiten.
Längst hat die Kunst leere, vor sich hin dösende Industriegelände oder einfach nur zerfallende Häuser entdeckt, auch der Verfall hat etwas Schönes. In Uttechts Bildern ist der Verfall oft gar nicht mehr erkennbar. Durch die Vergrößerung und die Fokussierung auf bewusst ausgewählte Details geht der Zusammenhang verloren, die Bilder entfalten ein Eigenleben, werden zu irrealen Landschaften. Die Ausstellung läuft bis 21. September, geöffnet Freitag, Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr.