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ZF: Konzern und Betriebsrat gehen aufeinander zu

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Friedrichshafen / sz - Ende gut, alles gut? So weit sind Konzern und Betriebsrat beim Streit ums Sparprogramm für den ZF-Standort Friedrichshafen noch nicht. Das Klima zwischen beiden Seiten hat sich am Freitag auf einer Betriebsversammlung aber verbessert. ZF hat Investitionen und neue Produkte in Aussicht gestellt, der Betriebsrat Flexibilität bei neuen Arbeitszeitmodellen.

Fix ist nach der mit rund 5000 anwesenden ZFlern größten Betriebsversammlung aller Zeiten noch nichts. Bis Ende Juli wollen sich beide Seiten auf Eckpunkte geeinigt haben, die dann nach der Sommerpause in eine Betriebsvereinbarung zur Standort- und Jobsicherung münden sollen. Beide Seiten haben sich gestern bei getrennten Pressekonferenzen aber betont zuversichtlich gezeigt. Personalchef Jürgen Holeksa bekannte sich namens des Vorstands ausdrücklich zum Produktionsstandort Friedrichshafen. Dessen Sicherung müsse aber gemeinsam und solidarisch angepackt werden mit einem Mix aus Kostensenkung und flexibleren Arbeitszeiten.

Angesichts wegbrechender MAN-Aufträge für Lkw-Getriebe müsse man für die bestehende Produktion Alternativen suchen, durch neue Kunden oder die Ansiedlung neuer Produkte. Konkret nannte der Vorstand "Powerline", eine Getriebereihe für kleinere Lastwagen und Pick-ups, die möglicherweise künftig am See gefertigt wird.

Modellfabrik geplant

Zudem werde man sich bemühen, das Thema Elektro-Mobilität für Nutzfahrzeuge auszubauen. Und schließlich kündigte Holeksa an, dass in Friedrichshafen eine "Modellfabrik für autonomes Fahren im Nutzfahrzeug" entstehen soll. Für all dies habe der Vorstand ein Sonderinvestitionsprogramm in Aussicht gestellt. Zeitpunkt und Höhe: noch unbekannt.

Die ZF-Spitze bleibt bei ihrer Foderung nach flexibleren Arbeitszeitmodellen und einem "gedämpften Anstieg der Personalkostenentwicklung". Es gehe dabei nicht darum, "plump den Mitarbeitern in den Geldbeutel zu greifen". Vielmehr wolle man künftige Lohnsteigerungen auf übertarifliche Leistungen anrechnen und so Lohnkosten senken. Mit gutem Beispiel seien 2000 Führungskräfte an den deutschen ZF-Standorten vorangegangen, deren Gehaltssteigerung auf 2017 verschoben worden sei.

Betriebsrat und IG Metall zeigten sich mit den Aussagen Holeksas zufrieden. "Das Blatt hat sich gewendet", sagte Betriebsratschef Achim Dietrich-Stephan. Dazu habe sicher auch der Protest der Belegschaft beigetragen. Man stehe grundsätzlich zur Forderung, dass die knapp 9000 Jobs am Standort "in Zahl und Struktur erhalten bleiben", betonte der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Friedrichshafen-Bodensee, Enzo Savarino. Aktuelle Zahlen belegten, dass Friedrichshafen nicht zu teuer sei und Gewinn abwerfe. Man müsse jetzt Effizienz und Produktivität steigern und nicht Lohnkosten drücken.

"Ruhe und Frieden"

Für die weiteren Verhandlungen mit dem Unternehmen brauche man "Ruhe und Frieden", so Savarino. Dies sei nach dem Verlauf der Betriebsversammlung gewährleistet. Die Belegschaft, so die Einschätzung der beiden Arbeitnehmervertreter, glaube den Ausführungen des Managements.

Wie hoch der Investitionsbedarf am Standort Friedrichshafens sein wird, könne man jetzt noch nicht beziffern. Savarino: "Wenn es ein paar 100 Millionen sind, dann sind es ein paar 100 Millionen."

Der Betriebsrat und die Gewerkschaft setzen zudem weiterhin auf ihre Idee eines Innovationsfonds. Demnach sollen Ideen alle ZF-Mitarbeiter für künftige Produkte und Abläufe gesammelt, gesichtet und bei Erfolgsaussicht dann auch umgesetzt werden.

Die Stimmung

"Die Stimmung? O je. Da sagen wir lieber nichts." Wer am Freitag vor den Messehallen Mitarbeiter von ZF anspricht, sorgt dafür, dass die meisten ihren Schritt beschleunigen oder ziemlich still werden. Einige winken nur ab, andere sagen, dass sie keine Zeit für ein Gespräch haben, wiederum andere betonen: "Wir dürfen nicht."

Einer, der sich den Fragen des Reporters stellt, erklärt, dass "die Stimmung in der Belegschaft ziemlich angespannt ist und immer weiter in den Keller geht". Er versteht nicht, dass "man beim kleinen Mann sparen will". Angesichts der Tatsache, dass es dem "Unternehmen doch gut geht" und ZF eine neue Zentrale für 80 Millionen Euro hinstellt, zeigt er für die Sparpläne kein Verständnis. "Bei der Betriebsversammlung ist so viel los gewesen wie noch nie – und das ist auch gut so, dass wir Präsenz zeigen", findet er.

"Aufgewühlt und gereizt" beschreibt ein anderer die Stimmung in der Messehalle A2. Er glaubt, dass die Leute den Ernst der Lage begriffen haben, und fordert, "dass wir ZFler ernstgenommen und mitgenommen werden wollen". Was er auf der Betriebsversammlung von der Unternehmensleitung – es sprachen Arbeitsdirektor Jürgen Holeksa und Standortleiter Dirk Hanenberg – gehört hat, überzeugte ihn nicht wirklich. "Das Sparthema ist eher an der Oberfläche behandelt worden. Da waren wenig konkrete Aussagen dabei." Dennoch glaubt er, dass die Versammlung etwas gebracht hat – zumindest Verständnis füreinander.

Stimmung wandelt sich

Es gab aber auch ZF-Mitarbeiter, die die Messehalle am Freitag mit etwas hellerer Miene verließen. "Die Führung hat auch einige positive Sachen verkündet. Dass Investitionen freigegeben werden, heißt für mich, dass nicht nur gespart werden soll. Das ist doch auch ein Zeichen, dass der Standort gesichert werden soll", erklärte ein Mann.

Sein Kollege berichtet von einem gewissen Stimmungswandel im Laufe der Versammlung. "Als der Betriebsratschef gesprochen hat, war schon dicke Luft. Mit der Rede des Vorstand und der Ankündigung von Extra-Invests hat sich das dann allerdings relativiert."


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