Quantcast
Channel: Schwäbische: Feeds: Spaichingen
Viewing all articles
Browse latest Browse all 14293

Gaby Hauptmanns Erinnerung an Friedrichshafen: Sekt an der Tanke, Burger bei McDonalds

$
0
0

Friedrichshafen / sz - Björn ist 48 Jahre alt und sein Arbeitsplatz erleidet bei der Fusion „seiner“ Bank mit einer anderen Kollateralschaden. Er erhält zwei Jahre Gehalt weiter und eine hohe Abfindung. Also ist er jetzt zu Hause und kann tun und lassen, was er möchte – etwa seine nie gekannten Leidenschaften ausleben. Björn ist Protagonist in Gaby Hauptmanns neuestem Werk „Liebling, kommst du?“, das sie am Sonntagabend auf dem Kulturufer im Kleinen Zelt vorgestellt hat.

Björn möchte mit seiner Frau einen zweiten Frühling erleben und reist dafür ausgerechnet in die USA. Er mietet für die Durchreise ein rotes Ford Mustang Cabrio, Baujahr 1965. Es entspinnt sich ein chaotischer Roadmovie mit teils knisternden, teils unliebsamen Begegnungen und einem flotten Tempo. Gleichzeitig entwickelt sich diese Zeit zu einer Selbstfindungstour – nicht nur für Björn, der seine Leidenschaft für Rockerbräute (beziehungsweise eine junge Frau im ganz Speziellen) entdeckt, sondern auch für seine Frau, die ursprünglich gar nicht aus ihrem Alltag ausbrechen wollte.

Hauptmann liest angenehm akzentuiert, spielt die Rollen überzeugend (bis auf das Englisch der Amerikaner) und sorgt nicht zuletzt damit für eine gute Stimmung und viele Lacher.

Typisch Friedrichshafen

Davor, danach und zwischendrin plaudert sie aus dem Nähkästchen und erinnert sich an ihre letzte Lesung in Friedrichshafen. „Wir sind schließlich mit an der Tankstelle gekauftem Sekt bei McDonalds gelandet, weil sonst nichts mehr geöffnet hatte“, schildert sie das Erlebnis der besonderen Art von damals.

Dann kommt sie aber auch wieder zurück zu ihren Büchern. Ihr Neues kann man als guten Unterhaltungsroman für einen Urlaubstrip oder die nächste längere Zugfahrt empfehlen. Mit dem flotten Erzähltempo, einer guten Mischung aus spaßigen und nachdenklichen Elementen, liest es sich leicht und locker.

Allerdings darf man hier keine moderne Emanzipationsgeschichte erwarten. Das Rollenbild der Protagonistin, von dem sie sich erst einmal etwas lösen muss, ist sehr klassisch. Und auch, dass eine gut betuchte Bankerfamilie keine Smartphones besitzt, sondern MMS verschickt, irritiert dann doch ein wenig. Aber das sind Feinheiten, die dem Erzählfluss keinen Abbruch tun.

Das Buch für den nächsten Kurzurlaub ist im Buchhandel erhältlich. Mit etwas Glück trifft man die Autorin dort vielleicht persönlich, die das Buch gern signiert. So sind laut Gaby Hauptmanns Anekdoten auch schon einige Bekanntschaften entstanden.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 14293

Trending Articles