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Häfler stößt auf 103 Jahre alte Zeitung

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Friedrichshafen / sz - Dass der Abriss eines alten, maroden Gartenhäuschens ein wenig Arbeit machen würde, war absehbar. Dass sich der alte Schuppen allerdings derart gegen sein Ende sträuben wird, hätten Manfred Ertle und seine Frau Cornelia aus Friedrichshafen nicht gedacht. Auch nicht, dass er während der Arbeiten auf einige Relikte stößt. Zwischen den dünnen Wänden tauchten nämlich Stücke uralter Zeitungen auf. Unter anderem ein Blatt vom 11. September 1911. Eine uralte „Schwäbische“ sozusagen.

„Wir dachten, dass wir an einem Samstag locker fertig werden mit der alten Hütte“, erzählt Manfred Ertle. „Am Ende waren’s drei Tage. Und wir waren zu zweit.“ Der alte, brüchige Schuppen aus Holz, mit einem kleinen Türchen und eigenem Anbau, war wohl ein Vorkriegsmodell. Wobei mit Krieg der Erste Weltkrieg gemeint ist. Und in den vielen Jahren wurde das Häuschen allem Anschein nach etliche Mal renoviert. „Es waren insgesamt sechs Schichten, die wir abgetragen haben“, erzählt Manfred Ertle. Allein das Dach habe aus Holz, Dachpappe, Blech und Wellblech bestanden. „Wir sind gespannt, ob eine Sperrmüllkarte reicht, um den ganzen alten Kram loszuwerden“, sagt Ertle. Als sie das gute Stück auseinandernahmen und sich durch Tapeten-, Holz und andere Schichten kämpften, fanden sie die einzelnen vergilbten Zeitungsstücke, die – dem alten Tapetenkleister sei Dank – immer noch äußerst gut erhalten sind.

So wurde unter dem Titel „Der Kampf um die Futtermittel“ vermeldet, dass die „Fuhrwerksberufsgenossenschaft telegrafisch an den Reichskanzler und den Bundesrat die Bitte richtet, angesichts der beängstigenden Steigerung der Futtermittelpreise schleunigst von Staatswegen Maßnahmen zu trefen“. Direkt darüber die Nachricht, dass „das Luftschiff Schwaben heute, wenn es die Witterung zulässt, einen Aufstieg unternehmen wird“. So werde das Luftschiff am kommenden Freitag oder Samstag Düsseldorf verlassen. „Für Oktober sind viele Fahrten zwischen Düsseldorf und Baden-Baden in Aussicht genommen“.

Von 7 bis 10 Uhr war Marktzeit

Auf einem anderen vergilbten Schnipsel verkündet das „Feuerwehr Bataillon Friedrichshafen“: „Diejenigen Mannschaften, die sich zum Absperrungsdienst gemeldet haben, treten um 5 Uhr auf dem Zeppelingelände an.“ Um „1/2 5 Uhr“ wird herausgeblasen, kündigt der Kommandant an. In der Wilhelmstraße ist eine „kleine, freundliche Wohnung zu vermieten“ (leider ohne Mietpreisangabe) sowie ein „möbiliertes Zimmer samt Zubehör“ und Marktgänger mussten damals auch etwas früher aufstehen: Die Stände hatten von 7 bis 10 Uhr geöffnet. Die Straße zum Hoflieferanten, so steht ein paar Zeilen drüber geschrieben, sollte deshalb zwingend freigehalten werden.

Kein weiterer Schatz in Sicht

„Wir haben dann im und unterm Häuschen noch weiter gesucht. Man weiß ja nie, ob sich noch ein anderer Schatz findet“, sagt Ertle schmunzelnd. Bis auf eine alte Blechkiste ist bislang allerdings nichts ans Tageslicht gekommen.

Was die Ertles mit dem Fund machen, steht auch schon fest: Die Stücke sollen, durch einen alten Bilderrahmen geschützt, einen Ehrenplatz bekommen. Auf das Grundstück, auf dem der kleine Schuppen stand, wird dann ein neues Gartenhaus seinen Platz finden – garantiert ohne Zeitungen zwischen den einzelnen Wandschichten.


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