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Kulturufer Friedrichshafen: Einen Macbeth gibt es überall

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Friedrichshafen / sz - Einen Macbeth gibt es überall. Auf dem Kulturufer hat er die Gestalt des Paten angenommen. Das N.N. Theater aus Köln hat unter der Regie von George Isherwood die Tragödie frei nach William Shakespeare interpretiert. In gewohnter Manier haben drei Darsteller und eine Musikerin wieder einmal unzählige Rollen übernommen.

Die regelmäßigen Besucher des N.N. Theaters auf dem Kulturufer kennen die Fähigkeiten der Schauspieler, im gefühlten Sekundentakt in eine neue Rolle zu schlüpfen.

Macbeth, zunächst königlicher Heerführer, dann König von Schottland, der seine Position mit Tyrannei hielt, aber letztendlich doch zu Fall gebracht wurde – so sah William Shakespeare seinen Protagonisten. Despoten gab es und gibt es immer wieder. In der Interpretation des N.N. Theaters ist es der kleine Macbeth, der im Gangstermilieu an Ansehen gewinnt. Es ist die Zeit der Prohibition, Anfang der 30iger Jahre, der Verkauf von Alkohol ist verboten und davon profitieren die Drogenhändler. So wie der Don – der Pate einer Gangsterorganisation – der die Begabungen des jungen Macbeth erkennt und fördert. Macbeth steigt zum „Consigliere“ auf, der direkte Vertraute und Berater des Don. Macbeth Ehefrau ist vom Ehrgeiz zerfressen und überredet ihren Mann, den Paten zu töten. Zunächst ist Macbeth noch zögerlich, doch nachdem der Mord vollbracht war, wird er das neue Oberhaupt der Organisation. Doch der Preis ist hoch. Lady Macbeth kann mit dem Blut an ihren Händen nicht mehr leben und er gerät immer tiefer in den Sog des Mißtrauens. Schließlich verfällt Macbeth dem Blutrausch, der ihm schließlich selbst den Tod bringt.

Rasante Handlung

Die Handlung auf der Bühne ist rasant. Ein Drama, ein getragenes Stück, gespickt mit tragischen Textpassagen, doch in der Version des N.N. Theater dürfen die amüsanten Anspielungen, die schwarzhumorigen Seitenhiebe und hier und da sogar eine Prise Klamauk nicht fehlen. Ein wunderbares Beispiel, wie man auch jungen Menschen die großen Dramen wieder näher bringt.

Ute Kossmann überzeugt als kokette Animierdame und eiskalt kalkulierende Ehefrau. Ohne Augenzwinkern haucht sie Shakespeares Worte in das Große Zelt: „Wer hätte gedacht, dass in dem alten Mann noch soviel Blut steckt?“, um im nächsten Augenblick dem Don den letzten Messerhieb zu versetzen. Die Figur des Don lehnt Darsteller Michl Thorbecke wunderbar an die Figur des „Paten“ von Francis Ford Coppola an. Wenn auch nicht optisch, aber durch seine Bewegungen und mit heiserer Stimme, die immer wieder die Bedeutung von der „Familie“ über die Bühne krächzte, erinnert er an Marlon Brando.

Bilder im Kopf des Zuschauers steigen auf und mit der herausragenden musikalischen Unterstützung von Antje von Wrochem, braucht es nicht viel Fantasie, um in das Milieu geholt zu werden.

Ozan Akhan mutiert vom zweifelnden Macbeth zum blutrünstigen Monster, der auch nicht davor halt macht, Kinder zu töten. Sein dynamischer Wandel vom Zweifler zum eiskalten, herzlosen Despoten zeichnet sich in Mimik und Gestik, der man sich nicht entziehen kann.


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