Friedrichshafen / sz - Fast zwei Monate liegt die Kommunalwahl zurück. Am Dienstag haben sich die Mitglieder des Kreistages Bodenseekreis noch einmal in alter Besetzung getroffen und ein umfangreiches Programm abgearbeitet. Bevor es zu einem gemeinsamen Abschieds-Abendessen ging, verabschiedete Landrat Lothar Wölfle 22 verdiente Kreisräte.
Der Dank der Demokratie falle oft schmal aus, sagte Wölfle. Doch „Demokratie lebt vom Ehrenamt“, zitierte der Landrat den früheren Bundespräsidenten Theodor Heuss und lobte das langjährige Engagement der scheidenden Ausschussmitglieder. Einerseits lebe ein Gremium wie der Kreistag von den Ideen neuer Mitglieder, es lebe aber aber auch von beständigen Säulen.
22 solche Säulen müssen nun gehen: Rainer Höfele (CDU) verlässt den Kreistag nach nur zweijähriger Zugehörigkeit. Er rückte für Victor Grasselli nach und sorgte, wie der Landrat mit einem Augenzwinkern bemerkte, für eine deutliche Verjüngung der Partei: „Für einen 78-Jährigen kam ein 72-Jähriger.“
Eine Legislaturperiode waren Pfarrer Joachim Krüger (FW), Sipplingens Bürgermeister Anselm Neher (CDU), Architekt Daniel Oberschelp (CDU), Obstbaumeister Andreas Huchler (CDU) und Rolf Schilpp (CDU) mit an Bord. Vor allem Schilpps Kompetenz werde Wölfle wohl fehlen. Er stellte die Frage in den Raum: „Was machen wir nur ohne ihren juristischen Rat?“
Platz 1 für Antoinette Göggerle
Für Michael Veser (Grüne) ist nach zehn Jahren erst mal Schluss. Der Landwirt war 1999 bis 2004 und 2009 bis 2014 in dem Gremium vertreten. Auch das „soziale Gewissen im Kreistag“ nimmt Abschied: die Schweizerin Antoinette Göggerle (FW) hat nach zehn Jahren Gremienarbeit nicht erneut kandidiert. Ihr sprach Wölfle noch ein besonderes Lob aus: „Sie belegen unangefochten den ersten Platz bei der Teilnahme an Veranstaltungen des Bodenseekreises.“ Der ehemalige Überlinger Oberbürgermeister Volkmar Weber (FW) muss nach zehn Jahren ebenfalls seinen Hut nehmen. Auch die Anwältin Eryka Goll (FDP), die laut Wölfle immer gut für ein „Bonmot“ war, ist nicht im neuen Kreistag vertreten. Sie hat nach zehn Jahren nicht mehr kandidiert. Der Arzt Adolf Bretzel (FW), der 2004 in den Kreistag nachgerückt ist, hat auch nicht mehr kandidiert, ebenso wie Petra Selg (Grüne). Wölfle freute sich, dass die Ex-Bundestagsabgeordnete zurück in ihren alten Beruf gefunden hat.
Jutta Koch (SPD) will künftig „das Leben noch etwas genießen“ und stand nach 15 Jahren im Kreistag auch nicht mehr zur Wahl. Doch Wölfle ist sich sicher: „Sie lassen auch künftig nicht locker in Kressbronn, wenn ihnen etwas nicht gefällt.“
Edwin Weiß (CDU), Noch-Bürgermeister in Kressbronn, sagt nach 20 Jahren „Ade“. Wölfle bedauerte sein Ausscheiden und sagte, er sei überzeugt, dass man sich auch in Kressbronn in einigen Jahren fragen wird, ob es richtig war, was mit dem Bürgermeister passiert sei. Doch: „Seine Sangeskraft wird auch weiter gefragt sein“, so der Landrat.
Auch für den ehemaligen Markdorfer Bürgermeister Bernd Gerber (FW) ist nach 20 Jahren Schluss. Ihn und Wölfle verbindet auch die Liebe zum Fußball, wie der Landrat enthüllte. Vor etlichen Jahren seien sich beide bei einem Grümpelturnier-Finale gegenübergestanden. Wer den Kick für sich entschieden hat, verschwieg Wölfle aber.
Magda Krom (CDU) saß insgesamt 25 Jahre im Kreistag. Die ehemalige Lehrerin, die 1998 das Bundesverdienstkreuz erhielt, sei stets durch ihr soziales Engagement aufgefallen. Wölfle wünschte ihr, „dass Sie ihr bauliches Vorhaben zu einem guten Ende führen“.
Vor allem den weiblichen Kreistagsmitgliedern dürfte wohl Erich Habisreuther (FW) künftig fehlen. Denn, so habe man Wölfle zugetragen, er sei „ein Gentleman der alten Schule“. Habisreuther saß von 1989 bis 2014 in dem Gremium. Künftig dürfte man ihn wohl öfter auf dem Tennisplatz sehen. Denn er ist Meister der „Tennisherren 60“.
Gerhard Barisch (Grüne), ehemaliger Schulleiter des Bildungszentrums Markdorf, zieht nach 30 Jahren im Kreistag auch einen Schlussstrich. Als er mit seinem politischen Engagement anfing, galten die Grünen als „Exoten“. Heute seien sie ein verlässlicher Partner, lobte Wölfle.
Zu Langenargens Ex-Bürgermeister Rolf Müller (CDU) fiel dem Landrat ein Kommentar ein, der auch für ein leises Aufbegehren im Kreistag sorgte. „Er isch en rechta Kerle, er kommt halt ausm Kreis Tuttlingen.“ Eineinhalb Jahre, nachdem Müller als Bürgermeister ausschied, ist für ihn nun nach 30 Jahren auch im Kreistag Schluss.
Urgesteine verlassen Gremium
Wolfgang Sigg (SPD), ehemaliger erster Bürgermeister Friedrichshafens, sei stets auch ein guter Vermittler zur Stadt gewesen. Das „politische Urgestein des Gremiums“, so Wölfle, verlässt ebenfalls nach 30 Jahren den Kreistag. Er bleibe aber als DRK-Kreisvorsitzender weiterhin ein guter Ansprechpartner.
Nach stolzen 35 Jahren kandidierten Peter Allgaier (FW) und Ernst Arnegger (CDU) nicht mehr erneut. Allgaier, Ex-Bürgermeister von Salem, sei stets ein Vorbild für die Nutzung des ÖPNV gewesen. Schließlich sei er zu den Kreistagssitzungen stets mit dem Zug angereist. „Sie haben oft unbequeme Fragen gestellt, aber gerade diese bringen einen auch weiter“, lobte Wölfle. Und Arnegger, ehemaliger Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der Landeszentrale für politische Bildung, werde zumindest als Veranstalter der Reihe „Imein halt“ in Markdorf weiterhin für Gesprächsstoff sorgen. „Ich bin froh, Sie persönlich kennengelernt zu haben“, sagte Wölfle.
Doch mindestens einmal im Jahr wird es ein Wiedersehen geben. „Wir möchten immer zum Kreisfamilienfest einen Ehemalige-Kreisräte-Treff in Form eines Frühschoppens einrichten“, sagte Wölfle.
Der neue Kreistag trifft sich zur konstituierenden Sitzung am nächsten Dienstag, 29. Juli, 15 Uhr, im Säntissaal (7. Stock) des Landratsamtes.