„War spät gestern“, mit diesem Satz werden wohl einige verschlafene Häfler am Montag nach dem WM-Finale im Büro erschienen sein. Kein Problem, die meisten Chefs haben bei einer SZ-Blitzumfrage ein Auge zugedrückt...
...falls die Augen nicht ohnehin aus siegestrunkener Erschöpfung geschlossen waren. Auch sonst war am Tag Eins nach dem Tag X in der Stadt einiges anders als an normalen Tagen.
Gegen 23.30 Uhr am Sonntagabend überschlagen sich die Ereignisse im Häfler Stadtgebiet: Kurz nachdem Mario Götze den Gauchos den finalen Todesstoß versetzte, künden grummelnde Laute vom Himmel den nahenden Gewitterregen an. Pünktlich zum Spielschluss öffnete der Himmel über Friedrichshafen dann seine Pforte – was der Freude auf den Straßen und an den Public-Viewing-Standorten keinen Abbruch tut, ganz im Gegenteil: Gewitterdonner, Böllerdonner, lautes Hupen und Jubelgesänge begleiten den Autokorso zwischen Alt- und Nordstadt. Reihenweise tragen Fans überlebensgroße Deutschlandfahnen und –banner zu den vollgestopften Straßen und schreien um die Wette. All das beweist: Häfler Fußballfans sind echte Feierbiester, wenn der Anlass stimmt.
Eigentlich gehen die Arbeitstage beim Häfler Sanitärunternehmen Hörmann zwischen 7 und 7.30 Uhr los. Nicht so nach dem Finalspiel: „Da wir alle Deutschland die Daumen drücken und hoffen, dass unsere Nationalelf das Finale in Brasilien gewinnt, geben wir erneut fußballfrei. Das bedeutet, dass unsere Mitarbeiter am Montag erst um 9 Uhr die Arbeit aufnehmen“, schreibt das Unternehmen in einem Facebook-Post. Firmen-Junior Ingo Hörmann ergänzt: „Ich habe das bei Audi und VW gesehen. Das war auch was für uns.“
Sparkasse trägt Trikot
„Wir haben mit optimistischem Weitblick bereits am Freitag unsere Mitarbeiter dazu animiert, sich am Montag solidarisch mit unserer Mannschaft zu zeigen“, sagte Wolfgang Aich, Pressesprecher der Sparkasse Bodensee, am Montag. Daher tragen viele Mitarbeiter der Bank am Montag das Nationaltrikot als Arbeitskleidung.
Keine Tickets mehr: Im Fernbusportal von Meinfernbus.de gibt es am Montag nur noch für eine einzige Fahrt nach Berlin Tickets, der Rest ist ausgebucht. Ob da wohl die Siegesfeier lockt?
Schoko-Fußbälle sind am Montag laut Backstubenleiter Ralf Wenzler bei der Konditorei Weber&Weiss so gefragt, dass die Produktion nicht ausreicht. „Wir mussten bereits nachproduzieren.“ Ansonsten gibt es aber wenig Gnade für die Konditoren im Betrieb. Der Dienstbeginn um fünf Uhr morgens blieb unangetastet.
Beim Public Viewing im Lammgarten ermittelt vor der einlaufenden DFB-Elf der Seehasen-Fanfarenzug die Gewinner der Verlosung zu Gunsten des Kinderhospiz. Uwe Köppe holt sich als Glücksfeen Mercedes, Evelin, Melanie und Michaela aus dem Publikum.
„Wirklich toll, wie die Leute das angenommen haben. Stimmung war wirklich super“, bilanziert Thomas Vogt, der Wirt des „Lammgarten“ an der Uferpromenande. Die Public Viewings bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft seien sehr gut besucht gewesen, deshalb habe sich die Miete für die Großbildleinwand absolut ausgezahlt. Wird er auch in zwei Jahren - zur Europameisterschaft in Frankreich – ein Public Viewing anbieten? „Auf jeden Fall“, sagt der Lammgarten-Wirt.
„Ich war schon ausgeschlafener.“
„Ich hatte heute morgen um 8 Uhr den ersten Termin und muss zugeben: Ich war schon ausgeschlafener", sagt Landrat Lothar Wölfe. Damit sei er nicht allein gewesen. Jede Besprechung habe am Montag mit einer Rückblende auf die nächtlichen Ereignisse begonnen. Er habe das Spiel ausgesprochen nervenaufreibend erlebt, sagt Wölfle. Der Sieg habe ein tolle Stimmung im Land erzeugt. Dennoch müsse er über das „wir sind Weltmeister“ schmunzeln. „Es ist immer noch die Mannschaft, die gewonnen hat“, sagt Wölfle. Darüber dürfe sich jeder freuen, aber man sollte die Dinge nicht übertreiben. „Germania - über alles!“ wie ein italienische Zeitung getitelt hat, sei zu viel.
„Schicht tauschen war schon erlaubt“, sagt ZF-Sprecher Jochen Mayer einen Tag nach dem Finale. Da der größte Häfler Arbeitgeber aber ohnehin auf Gleitzeit setze, sei eine standortweite WM-Regelung der Arbeitszeit sowieso kaum nötig gewesen. Bemerkbar hätte sich der Traumsieg dann aber schon gemacht: „Beim Mittagsessen in der Kantine waren schon einige Trikots zu sehen“, so der Sprecher.
Die Häfler Lehrer – selbst nicht alle ohne Augenringe – gucken an diesem Montagmorgen wohl in außergewöhnlich viele kleine Äuglein. Ansonsten ist es aber ein ganz normaler Schultag, berichtet Hermann Dollak, Leiter des Graf-Zeppelin-Gymnasiums. Um beim Schulbusverkehr kein Chaos anzurichten, haben das GZG und viele andere Häfler Schulen auf einen finalbedingten späteren Schulbeginn verzichtet. Auch im Karl-Maybach-Gymnasium gibt es keine WM-Auffälligkeiten. „Alles im Rahmen, alle sind gut drauf“, erzählt der stellvertretende KMG-Chef Oliver Berger. Es ist zwar nicht wasserdicht zu recherchieren, am Montag gibt es aber offenbar keine entscheidenden Klassenarbeiten.
Das große Aufräumen nach der Siegesfeier hat auch diesmal der Bauhof übernommen. Das ist aber vergleichsweise schnell erledigt, berichtet Andrea Gärtner, Pressesprecherin der Stadt. Die Fans hätten sich nämlich alles in allem „absolut positiv verhalten“.
Polizei: 500 Autos im Korso
So sieht’s auch die Polizei. Nahezu störungsfrei sei das Geschehen am späten Sonntagabend abgelaufen. Nach Spielende entwickelte sich auf der Friedrichstraße und auf der Charlottenstraße ein Corso mit zirka 500 Autos. Mehrere Teilnehmer wurden ausgeleitet, weil ihr Verhalten gewisse Grenzen überschritt beziehungsweise gefährdend war, berichtet die Polizei. So fuhr im Corso eine 43-jährige Motorradfahrerin mit, deren zwölfjähriges Kind sich nicht festhalten konnte, da es einen Pokal in der Hand hielt und zudem eine übergroße Fahne um sich geschwungen hatte, deren Enden in die Speichen zu kommen drohten. Eine andere Frau beförderte in ihrem Auto mehrere Kinder, die aus der offenstehenden Heckklappe heraus jubelten.
Und als Nachtrag zum Spiel selbst liefert das Stadtwerk am See auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung die Datenanalyse zum Häfler Wasserverbrauch. Die absoluten Spitzenwerte liegen an diesem Tag in den Pausen des Endspiels. Wir mutmaßen mal, dass zu diesen Zeiten nicht die meisten Menschen duschen gegangen sind.
Gewinnnummern der Lammgarten-Verlosung
Die restlichen Gewinner der Verlosung im Lammgarten können sich bis zum 29. Juli bei der Schwäbischen Zeitung oder beim Seehasen-Fanfarenzug melden und unter Vorlage des Loses ihren Gewinn abholen.
Gewinnnummern:
6166, 1717 Handtuchset, 1999 Funglas, 6223 Gutschein Frisör, 1691, 6966, 198 Gutschein Optik-Müller, 1692 Reisegutschein 100 Euro, 182 Reisegutschein 200 Euro, 1625 TV-Gerät