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ZF Friedrichshafen AG steht möglicherweise vor der größten Übernahme der Firmengeschichte

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Friedrichshafen / sz

Jahrhundertdeal oder Größenwahn? Seit bekannt geworden ist, dass der Autozulieferer ZF Friedrichshafen AG den nicht viel kleineren US-Konzern TRW übernehmen will, rätseln Branche, Mitarbeiter und die Bürger Friedrichshafens über Hintergründe und Folgen des möglichen Geschäfts. ZF und TRW hüllen sich weitgehend in Schweigen.

In einer knappen Pressemitteilung hatte der Stiftungskonzern am Donnerstagabend die Gespräche mit TRW bestätigt. Das US-Nachrichtenunternehmen Bloomberg hatte die Kunde als erster verbreitet - und offenbar eine gute Quelle, die mutmaßlich im Umfeld des US-Konzerns zu suchen ist. Die sagte laut Bloomberg, dass ZF TRW mit elf bis zwölf Milliarden Dollar bewerte.

Keine Entscheidung, kein Zeitplan

Die Gespräche seien in einem sehr frühen Stadium, erklärte ein ZF-Sprecher. Es gebe noch keine Entscheidung über das weitere Vorgehen und keinen Zeitplan. TRW bestätigte lediglich, ein vorläufiges Übernahmeangebot erhalten zu haben, sagte aber nicht, von wem. Weitergehende Fragen der SZ blieben in Friedrichshafen und Livonia, dem Sitz von TRW im US-Bundesstaat Michigan, unbeantwortet.

Auch Oberbürgermeister Andreas Brand, Aufsichtsratsmitglied und Vertreter des Haupteigners Zeppelin-Stiftung, blieb wortkarg. Man begleite die Entwicklung und Aktivitäten der Stiftungsunternehmen traditionell sehr intensiv, sagte er lediglich. Der neue Vorsitzende des ZF-Konzernbetriebsrats, Achim Dietrich-Stephan, wollte sich nicht äußern, weil er noch nicht ausreichend über die Vorgänge informiert sei.

Klar ist, dass ZF bei einer TRW-Übernahme dem Ziel erheblich näher käme, bis 2025 den Umsatz auf 40 Milliarden Euro mehr als zu verdoppeln. Beide Unternehmen kommen zusammen auf knapp 30 Milliarden Euro Umsatz. Die Tragweite eines solchen Geschäfts wäre erheblich größer als die Übernahme von Mannesmann Sachs im Jahr 2001. Damals schraubte ZF seinen Umsatz um rund 50 Prozent auf 9,2 Milliarden Euro in die Höhe. Nach einem möglichen TRW-Deal würden sich die Erlöse fast verdoppeln.

„ZF komplettiert sein Fahrwerksgeschäft“, erklärt Jan Dannenberg von der Management-Beratung Berylls Strategy Advisors. Noch spannender seien aber Sicherheitsprodukte und Elektronik von TRW. ZF-Chef Sommer hatte immer wieder betont, wie wichtig ihm der Ausbau des Geschäfts mit elektrischen Komponenten ist. TRW bringe Wissen mit, sagt Dannenberg, das ZF angesichts der wachsenden Vernetzung von Fahrzeugen brauche, um noch wettbewerbsfähiger zu werden.

Leisten könne sich die Firma vom Bodensee den Kauf — vor allem angesichts des niedrigen Zinsniveaus, so die Einschätzung des Analysten Dannenberg und des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen. TRW sei zudem ein profitables Unternehmen, so dass die Schulden aus den laufenden Einnahmen abbezahlt werden könnten.

„ZF finanziell solide“

Der Meinung ist auch Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. ZF gelte als finanziell solide, sagt er. Er könne sich nicht vorstellen, dass das Vorhaben mit heißer Nadel gestrickt sei. „Der Schritt wäre mutig, aber absolut richtig“, so Pieper.

Kommt das Geschäft zustande, liegt die größte Herausforderung nach Einschätzung von Stefan Bratzel von der Hochschule Bergisch Gladbach mit der Integration der beiden Firmen ohnehin noch vor ZF. „Ich glaube, das kann gelingen“, sagt Bratzel.

Einen anderen Zungenschlag bringt das Wallstreet-Journal in die Diskussion. Dort kommen ungenannte Branchenbeobachter zu Wort, die spekulieren, dass ZF nur bluffe, um anderen Interessenten in die Parade zu fahren.


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