Friedrichshafen / sz - Normalerweise zeigt sich der Bodensee farblich eher in dunklem Grün, mitunter sogar tristem Grau. Derzeit kommt er aber in fast schon leuchtendem Hellgrün daher. Die promovierte Biologin Petra Teiber-Sießegger, Mitarbeiterin am Institut für Seenforschung in Langenargen, erklärt im Interview mit SZ-Redakteur Alexander Mayer das Phänomen, das die Menschen am See fast schon an die animativen Farbenspiele des Mittelmeers erinnert.
Der See zeigt sich derzeit in einer ungewohnten Farbe. Er leuchtet hellgrün. Was steckt dahinter?
Da kommen zwei Phänomene zusammen. Zum einen haben wir im Moment eine starke Algenblüte. Die macht den grünen Anteil am Wasser aus. Die dazukommende milchige Komponente rührt daher, dass sich das Gleichgewicht zwischen Kalk und Kohlensäure im Wasser durch die Photosynthesetätigkeit der Algen verändert und Calzitkristalle ausgefällt werden.
Photosynthese, erklären sie den Schlüsselvorgang in der Pflanzenwelt mit einfachen Worten?
Die Pflanze kann mit Hilfe von Sonnenlicht, Kohlendioxid und Nährstoffen Biomasse aufbauen. Anders ausgerückt: was ein Mensch an Nahrungsmitteln braucht und zu sich nimmt um seinen Stoffwechsel aufrecht zu erhalten, macht die Pflanze auf ihre Art und Weise: sie braucht lediglich Sonnenlicht, Kohlendioxid, Nährstoffe und Wasser. So entsteht Biomasse.
Geben Wasserproben des Institut für Seeforschung Anlass zur Besorgnis?
Nein. Was da passiert, ist ein völlig normaler Vorgang. Er wird allerdings verstärkt durch die derzeitige Witterung mit den seit mehreren Tagen andauernden, hochsommerlichen, extrem hohen Temperaturen.
Ein blühender, grünleuchtender Bodensee, kommt das öfters vor?
Sehr oft sicherlich nicht. Vor allem nicht so viele Tage, wie wir es heute beobachten können. Dasselbe Phänomen hatten wir übrigens zeitgleich mit der Atomkatastrophe in Tschernobyl. Zum Glück. Die am See ankommenden Radioaktivität wurde nämlich zusammen mit den Calzitkristallen in die Tiefe gezogen und somit unschädlich gemacht.
Ist das derzeitige Farbphänomen bodensee-typisch?
Nein, es tritt auch in anderen kalkreichen Gewässern auf. Man wird es deshalb weniger in den Seen des Schwarzwaldes als in den bayerischen Seen und eben auch am Bodensee finden. Kalkhaltiges Wasser ist grundsätzlich nichts schlechtes, für den Knochenaufbau ist es sogar gesund.Info: Der in anderen Farben wie gewöhnlich daherkommende Bodensee ist auch Inhalt eines Videos. Wenn sie wissen wollen, wie das Algenwachstum unterm Mikroskop aussieht, schauen sie das Video von Marvin Weber an.
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