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Krankenhäuser geraten immer mehr unter finanziellen Druck

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Friedrichshafen / sz - Die Finanzierung eines Krankenhausbetriebes wird immer schwieriger. Grund ist unter anderem das Vergütungssystem rund um den so genannten Landesbasisfallwert sowie Mehrleistungsabschläge bei Leistungsausweitungen auf örtlicher Ebene. Auf diese Problematik weist das Klinikum Friedrichshafen hin und fordert eine Reform des Finanzierungsmodells.

Zwar zähle das Häfler Klinikum nach wie vor noch zu den wenigen finanziell gesunden Krankenhäusern im Land, heißt es in einem Bericht des Klinikums. Die Rahmenbedingungen für die Kliniken im Südwesten der Republik seien insgesamt aber problematisch. "Die Stimmung ist dramatisch schlecht", heißt es aus der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG). Das liege nicht zuletzt an der aktuellen Berechnungsgrundlage für die Vergütung der Krankenhausleistungen. Dieser so genannte Landesbasisfallwert sei für 2015 lediglich um 1,04 Prozent angehoben worden. Zu wenig, um die gleichzeitig steigenden Kosten abzudecken, sagt Jochen Wolf. Nach Angaben des Krankenhausdirektors und Prokurist des Klinikums Friedrichshafen wären dafür eigentlich mindestens zwei Prozent nötig. So entstehe für das Häfler Krankenhaus im laufenden Jahr eine Lücke von 600 000 Euro, die anderweitig ausgeglichen werden muss.

Aber wie wird mit dem Landesbasisfallwert, der für alle Krankenhäuser in Baden-Württemberg gilt, nun genau gerechnet? Ob Geburt, Blinddarmoperation oder das neue Hüftgelenk: Je nach Aufwand wird eine medizinischen Behandlung jeweils mit einem Faktor bewertet. So schlägt zum Beispiel eine Linksherzkatheter-Untersuchung mit dem Faktor 0,645 zu Buche. Multipliziert man diesen Wert mit dem jährlich festgesetzten Landesbasisfallwert von aktuell 3232,73 Euro ergibt sich ein Abrechnungspreis von 2085,11 Euro.

Diese Summe bekommt das Krankenhaus dann von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet. Doch der Teufel steckt im Detail beziehungsweise im System. So stützt sich das Vergütungsmodell zusätzlich auch auf die örtlich vereinbarten Fallzahlen pro Krankenhaus. Sprich: Wie viele Darm-OPs, wie viele Geburten, wie viele Eingriffe am Handgelenk fallen an? Steigen diese Zahlen, wird das zum Problem: "Wir bekommen solche Mehrmengen nicht voll refinanziert", sagt Jochen Wolf. Grund: Derzeit müssen die Krankenhäuser empfindliche Abschläge hinnehmen, wenn unvorhergesehen mehr Patienten im Krankenhaus versorgt werden.

Unter dieser "Mengenbremse" leidet jedoch nicht nur die betroffene Klinik allein. Gleichzeitig sinken über den Basisfallwert bei solchen Mengensteigerungen in den Folgejahren auch die Vergütungen für alle Krankenhäuser im Lande. Und hierbei spielt es dann keine Rolle, ob alle vereinbarten Mehrleistungen überall auch tatsächlich erbracht wurden oder nur "Leermengen" entstanden sind, die den Krankenkassen gar nicht in Rechnung gestellt werden.

Gerade dieser zweifache Preisabfall, die so genannte doppelte Degression, ist nicht nur den Verantwortlichen des Klinikums Friedrichshafen ein Dorn im Auge. Für Jochen Wolf ist sie einfach "nicht mehr sachgemäß" und sollte so schnell wie möglich abgeschafft werden. Das würde den Druck auf die Krankenhäuser bei der ohnehin engen finanziellen Situation mildern und auch die Planungssicherheit erhöhen.


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