Friedrichshafen / sz - Klare Worte: Dirk Hanenberg, neuer Standortleiter der ZF in Friedrichshafen, will auf die Kostenbremse treten. "Wir sind qualitativ Spitzenklasse. Wir sind logistisch Spitzenklasse. Dort müssen wir auch bei den Kosten hin." Bei einer Gespächsrunde mit Journalisten machte er am Dienstagabend deutlich, dass es vor allem um Themen wie flexiblere Arbeitszeiten und den hohen Krankenstand bei ZF geht.
Auch wenn Hanenberg Handlungsbedarf sieht: Der Manager, der nicht nur für den Standort am See zuständig ist, sondern auch die gesamte Produktion der Nutzfahrzeug Division T verantwortet, ist weit davon entfernt, Friedrichshafen schlecht zu reden. Die große Zahl der Patente zeige den hohen Standard von Forschung und Entwicklung. Mit dem neuen automatischen Lkw-Getriebe Traxon habe man zudem ein neues Produkt mit großen Marktchancen.
"Für Enttabuisierung sorgen"
Angesicht das weltweit zunehmenden Kostendrucks müsse man aber über die Produktivität des Standorts Friedrichshafen reden. "Wir müssen da für Enttabuisierung sorgen", sagte Hanenberg, der bestätigte, das Friedrichshafen im Moment der teuerste deutsche ZF-Standort ist. Sein Ziel sei es aber nicht, als "Haudrauf" zu handeln, sondern mit Konzernspitze und Betriebsrat "nüchterne und saubere Konzepte" zu entwickeln.
Ganz oben steht für Hanenberg das Thema flexiblere Arbeitszeiten. Dabei gehe es nicht um eine Beschleunigung der Arbeit, um andere Takte oder weniger Lohn, sondern darum die Mitarbeiter dann einzusetzen, wenn auch wirklich Aufträge abzuarbeiten sind. "Es gibt Standorte, die da weiter sind", sagte er .
Auch das Thema Krankenstand wolle er angehen: "Es kann doch nicht sein, dass wir höchste Löhne haben, aber zugleich auch den höchsten Krankenstand." Wie genau er dieses und andere Themen angehen will, hat Hanenberg der Presse nicht verraten. Das werde zunächst intern besprochen, sagte er.
Im Moment leicht unter Plan
Beim Blick auf die Zahlen stellte der Manager fest, dass der Standort Friedrichshafen auf gutem Weg sei. Zwar liege der Umsatz der ersten vier Monate leicht unter Plan, bis Jahresende habe man aber gute Chancen, dies wieder aufzuholen. Die aktuelle Zahl der ZF-Mitarbeiter am See gab Hanenberg mit 8663 an, Azubis, Gastronomie und Betriebskrankenkasse nicht mitgerechnet.
Computerchip und vier Schicht-Gruppen: So läuft die 8HP-Gehäusefertigung
Das ist ein Ausblick auf die Industrie 4.0" So beschreibt ZF-Standortleiter Hanenberg die neue Vorzeigeproduktionslinie in Halle 3 des Werks 2. Dort werden seit April Gehäuse für das Pkw-Automatgetriebe 8HP gefertigt, das in Saarbrücken gebaut wird. Rund 10000 Stück am Tag rollen dort vom Band, 750 Gehäuse sollen laut Plan aus Friedrichshafen kommen.
Mit diesem Schritt wird nicht nur die Idee vorangetrieben, innerhalb des Konzerns standort- und divisionsübergreifend zu arbeiten. Die Produktionslinie zeigt auch, wie industrielle Fertigung in Zukunft aussehen wird: digital.
Jedes Getriebegehäuse trägt einen Chip, der das Bauteil innerhalb der Häfler Fabrik bei jedem Bearbeitungsschritt anmeldet, aber auch später die Weiterverarbeitung in Saarbrücken dokumentiert. Die Bedienung der zwölf Millionen Euro teuren Anlage geschieht über digitale Endgeräte, auch die Qualitätskontrolle wird vom Computer gesteuert. Sechs Mitarbeiter braucht der Betrieb pro Schicht.
Zukunftsweisend ist zumindest nach Ansicht der ZF auch das Schichtmodell, das mit dem Betriebsrat für die Fertigung der 8HP-Gehäuse entwickelt worden ist: das Vier-Gruppen-Modell. Es gibt pro Arbeitstag eine Frühschicht (6 bis 14 Uhr), eine Spätschicht (14 bis 22 Uhr) und eine Nachtschicht (22 bis 6 Uhr), die vierte Gruppe hat frei. Das Unternehmen kann die Betriebszeiten ohne Rücksprache ausdehnen (Minimum 15 Schichten, Maximum 18 Schichten pro Woche). Die Mitarbeiter sind weniger ins Schichtkorsett gezwängt als beim normalen Drei-Schicht-Modell.