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Besuch in Allmannsweiler: Der OB gerät ziemlich ins Schwitzen

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Friedrichshafen / mps

Sozialer Wohnraum ist knapp in der Stadt. In der Neuland- und Eintrachtstraße in Allmannsweiler sollen daher Neubauten entstehen. Am Montagabend stellte Oberbürgermeister Andreas Brand dem Bürgerforum Allmannsweiler den aktuellen Stand der Dinge vor: Man stehe noch ganz am Anfang der Planung. Einen fixen Zeitplan gibt es nicht. Brand hat auch keinen Masterplan in der Tasche. Nur eines ist sicher: Er will alle Bewohner des Quartiers mit ins Boot holen. Stichwort: Bürgerbeteiligung.

„Wir sind faule, asoziale Alkoholiker“: Eine Zuhörerin spricht aus, was, wie sie sagt, vielen im Kopf herumschwirrt, wenn sie das Wörtchen Eintrachtstraße hören. Die Frau erzählt, es sei mit diesem Wohnort quasi unmöglich, eine andere Bleibe oder einen Job zu finden. Es habe eine „Ghettoisierung“ stattgefunden, die es bei einer neuen Bebauung unbedingt zu verhindern gelte.

Viele Sorgen, viele Erwartungen

Brand muss sich an dem Abend einige Sorgen, Nöte und Erwartungen der Anwohner anhören, die das Thema teils schon bis zu 30 Jahre umtreibt. Und der OB kommt dabei ganz schön ins Schwitzen, wie er selbst einräumt: „Das liegt am Thema, aber auch an der Schwüle hier drin“, sagt er. Knapp 50 Zuhörer zwängen sich ins Gemeindehaus „Brennessel“, um den Ausführungen Brands in Sachen sozialem Wohnungsbau zu lauschen. Die Ist-Situation schaut nicht gerade rosig aus: Der städtische Wohnungsbaubericht bescheinigt den betroffenen Wohnblocks in der Eintrachtstraße, die in den 50er- und 60-er Jahren als Notunterkünfte gebaut wurden, eine derart marode Bausubstanz, dass ein zügiges Handeln erforderlich ist. Die Gebäude müssen abgebrochen und ersetzt werden. Die Stadt möchte aber mehr Wohnraum auf einer größeren Fläche schaffen. Für Brand steht jedenfalls fest: „Nichts zu tun, wäre eine schlechte Alternative.“ Denn: Friedrichshafen bleibe bis zum Jahr 2020 eine Zuzugsstadt. Der Druck auf den hiesigen Wohnungsmarkt bleibe also relativ hoch.

Auch die soziale Situation in dem Quartier ist nicht zufriedenstellend, wie OB Brand einräumt. Die Häuser sind vom Amt für Bürgerservice, Sicherheit und Umwelt angemietet, um darin Obdachlose unterzubringen. Für die Betreuung ist das städtische Sozialamt zuständig. Eine Lösung dieses Problems sieht der OB neben begleitender Maßnahmen durch Sozialarbeiter auch in „preisgebundenem Wohnraum“. Den gibt es nicht nur in Allmannsweiler, sondern über die ganze Stadt verteilt. Ziel sei es, so eine ausgewogene „soziale Durchmischung“ der Wohnungen zu erreichen. Der Ansatz der Verwaltung wäre es, nicht alle Wohnungen preisgebunden zu vergeben, sondern lediglich zwischen 40 und 65 Prozent.

Ein Beispiel hierfür wären etwa Wohngebäude in der sogenannten Solarstadt, also Wiggenhausen-Süd, wo Wohnungen in einzelnen Gebäuden teils preisgebunden, teils frei finanziert seien. Dementsprechend zahlen die dortigen Mieter auch unterschiedlich hohe Mieten. Ein- und Zwei-Personen-Haushalte die über ein Bruttojahreseinkommen von weniger als 39 750 Euro verfügen, wären demnach berechtigt, eine preisgebundene Wohnung anzumieten. Wer darüber liegt, nicht. „Die Bemessungsgrundlage ist inzwischen vergleichsweise hoch, deshalb ist auch der Begriff ,Sozialwohnung’ irreführend“, so Brand.

Verfahren steht ganz am Anfang

Bis die alten Gebäude abgerissen und neue gebaut werden können, ist es aber noch ein weiter Weg. Derzeit steckt das angepeilte Verfahren noch ganz am Anfang. Alle Beteiligten – Anwohner wie Verwaltung – sammeln in den nächsten Wochen und Monaten ihre jeweiligen Vorstellungen und Wünsche. Bis der Gemeinderat eine Ausschreibung beschließt, die Entwürfe präsentiert, nachgebessert und überarbeitet werden und in dem sogenannten Workshopverfahren von einer Jury aus Fachleuten und Vertretern des Bürgerforums bewertet werden können, dürfte es wohl Mitte 2015 werden.

Das Bürgerforum ist bereit, diesen Weg gemeinsam mit der Stadt zu beschreiten, sagt Bürgerforums-Vorsitzender Georg Behrendt. Er ist sich sicher: „Es wird nie wieder solche Böcke wie früher geben.“ Doch er blickt auch über den Rand des Viertels hinaus: „Wir brauchen eine Lösung nicht nur für Allmannsweiler, sondern für die ganze Stadt.“ Die ersten Schritte dazu sind jedenfalls gemacht.


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