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Wie grün sind wir wirklich?

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Friedrichshafen / sz - "Bleiben Sie grün, aber richtig!" Mit dieser Aufforderung hat Wolfgang Ferchl, seit 2009 Verleger des Knaus-Verlags, am Montagabend den Schlusspunkt unter die Autorenlesung von Michael Miersch gesetzt. Diese ist im Kiesel in Friedrichshafen auf weit weniger Interesse gestoßen als eine literarische Lesung, obwohl das Thema ökologisches Denken unser aller Zukunft betrifft.

Was ist grün, was ist grüner, was am grünsten? Und wie ist man "richtig grün"? Fragen, mit denen sich der Journalist und Sachbuchautor Miersch zusammen mit dem Journalisten Dirk Maxeiner in seinem 2014 erschienenen Buch "Alles grün und gut? Eine Bilanz des ökologischen Denkens" auseinandergesetzt hat. Das ökologische Denken hat den Autor seit Jahren begleitet, als Redakteur des Umweltmagazins "Chancen" ebenso wie als Ressortleiter Wissen beim Magazin "Focus" oder (seit 2014) als Geschäftsführer des "Forum Bildung Natur" der Deutschen Wildtier-Stiftung. Er hat mitverfolgt, wie "grünes" Gedankengut langsam in den Köpfen ankam, wie ein Öko-Optimismus entstand, der alles, was für Natur-, Umwelt- oder Klimaschutz unternommen wird, als richtig und gerechtfertigt ansieht. Doch als kritischer Kopf sieht er die Risse, die Widersprüche innerhalb des grünen Denkens. So blicken Miersch und Maxeiner in ihrem Buch zurück auf 50 Jahre Umweltpolitik, auf ihre Ursprünge und ihre großen Erfolge, warnen aber vor Irrwegen, hinterfragen die Prämissen und angewandten Methoden, fragen nach neuen Ansätzen für ökologisches Denken heute.

Die Ökonomie der Öko-Industrie

Im Gespräch mit seinem Verleger Ferchl erklärte Miersch, dass heute der Klimaschutz den Naturschutz und Umweltschutz beiseite schiebe, ja gewaltige Umweltprobleme bereite, obwohl keinesfalls sicher sei, wie gut die Prognosen seien und wie entscheidend der Einfluss der Menschen sei. Man dürfe die handfesten ökonomischen Interessen der Öko-Industrie nicht übersehen: "Greenwashing", das Umhängen eines grünen Mäntelchens, sei in, der Bio-Landbau ein Milliardengeschäft geworden, selbst Coca Cola und MacDonalds "machen auf Grün".

In seiner Lesung hat Miersch, wie er sagte, bewusst die harten Sachkapitel ausgeklammert und witzig-freche, glossenhafte Schlaglichter auf Öko-Blüten ausgewählt. So überlegt er im Kapitel "Das gut gelaunte Öko-Tagebuch", wie sinnvoll Wassersparen im Hotel ist, wenn dafür die Rohre mit großem Aufwand durchgespült werden müssen und in Berlin der Grundwasserspiegel um ein bis drei Meter steigt. Anderswo fragt er mit "frecher Gosch" nach dem Sinn von Fledermausbrücken: Sollen sie drüber laufen? Wie will man ihnen das Fliegen abgewöhnen? Auf die Frage eines Zuhörers versicherte er, dass das Buch insgesamt ernsthaft, aber keineswegs trocken sei.


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