Friedrichshafen / sz - Am Dienstagabend hat ein besonderes Theaterstück im Cinema des Karl-Maybach-Gmynasiums in Friedrichshafen Premiere gefeiert. Unter der Regie von Roland Trusits führte der Kurs Literatur und Theater von KMG und GZG "Mamma Medea" auf, ein Stück von Tom Lanoye, das sich ans griechische Drama "Medea" anlehnt.
Auf der Bühne geht das Schauspiel los, bevor die Zuschauer überhaupt Platz genommen haben. Direkt zu Beginn ist klar: Hier wird auf allen und mit allen Ebenen gespielt. Die Schauspieler sitzen im Publikum, nutzen den gesamten Saal und sprechen die Zuschauer direkt an Stelle ihres eigentlichen Gegenüber an.
Wer verführt hier wen?
Mit einem live projizierten Video auf die Leinwand im Hintergrund der Bühne entsteht eine weitere Darstellungsebene. Zwischen Monolog und Dialog bewegen sich die Szenen und durch die Kameraeinstellung können die Darsteller gleichzeitig in sich gekehrt und abgewandt sein und dennoch dem Publikum ihr Gesicht besonders nah zeigen. Dennoch ist das Stück nicht etwa von Technik überladen oder -lagert, vielmehr verstehen es die Laienschauspieler, die Mittel so auszunutzen, dass sie dem Stück Tiefe verleihen.
So wird aus einer Liebesgeschichte, die man auch ganz simpel schildern könnte, ein vielschichtiges Werk, das zum Nachdenken anregt und die Zuschauerschaft tatsächlich zweieinhalb Stunden ohne Pause in Atem hält. Lanoyes Version von Medea ist schlecht in eine Schublade zu stecken. Ist sie eine Besessene, die über Leichen geht oder doch ein Opfer eines Mannes, der sie um den Finger gewickelt hat? Die Grenzen verschwimmen schnell. Bis zum Schluss ist unklar, wer hier nun wen verführt, wer hier wen lenkt, wer passiv ist, wer aktiv und die Schuldfrage lässt sich ganz und gar nicht lösen.
Man kann sagen, dass das Ziel des Regisseurs, der im Vorfeld formuliert hat, er wolle zeigen, dass es immer ein "sowohl als auch" gebe, ihm mit dieser Inszenierung und Aufführung absolut geglückt ist. Meint man in einem Moment, endlich "den Bösen" identifiziert zu haben, überzeugt einen der darauffolgende Bruch direkt wieder vom Gegenteil. Schwarzweißmalerei wird hier keine betrieben, vielmehr werden hier überaus vielschichtige Charaktere gezeichnet und überraschend glaubwürdig auf die Bühne gebracht.
Verhaspelt in der Textgewalt
Dass es sich nicht um professionelle Schauspieler handelt, wird allenfalls dann klar, wenn auf der Bühne viel gesprochen wird. Zwar beherrschen die Darsteller ihren Text aus dem FF, es wird auch nicht gestammelt oder sich verhaspelt, aber manchmal bleibt vor lauter Textgewalt ein wenig Emotion und Glaubwürdigkeit auf der Strecke.
Im Gegensatz dazu mag man vergessen, dass es sich hier um ein schulisches Theaterprojekt handelt, wenn Musik erklingt und die Darsteller mit der Videoprojektion agieren, wenn es ganz und gar gefühlslastig wird und die Worte zweitrangig werden. Dann ist Jasons (gespielt von Leonard Eyer) Art, einfach nichts so wirklich ernst zu nehmen, beinahe unerträglich und das Schreien von Medea (gespielt von Nina Gligorovski) sorgt nicht nur einmal für betretene Mienen. Sie begeistert außerdem auch durch vielseitigen Livegesang. Letztlich erreicht die Aufführung damit genau das, was das ursprüngliche griechische Drama generell zum Ziel hatte: eine Katharsis, ein Mitfühlen von allen menschlichen Regungen, besonders auch den negativen.
Mittwochabend, um 19 Uhr 30, findet eine weitere Aufführung im Cinema im KMG statt. Der Eintritt ist frei.