Quantcast
Channel: Schwäbische: Feeds: Spaichingen
Viewing all articles
Browse latest Browse all 14293

Als die Zeppeline England bombardierten

$
0
0

Friedrichshafen / sz - Am Abend des 31. Mai stieg das Heeresluftschiff LZ 38 unter dem Kommando von Hauptmann Erich Linnarz von der Luftschiffhalle in Brüssel-Evere auf. Das günstige klare Wetter sollte für einen Angriff auf die Docks und militärischen Anlagen von London genutzt werden. Kurz vor 22 Uhr erreichte das Luftschiff mit rund 1,3 Tonnen Abwurfmunition an Bord bei Margate die englische Küste. Gegen Mitternacht fielen aus etwa 3.300 m Höhe die ersten Bomben auf London. Über den Stadtvierteln nördlich der Themse wurden rund 30 Granaten und 90 Brandbomben abgeworfen. Linnarz berichtete später von zahlreichen, weit sichtbaren Bränden. Sieben Menschen kamen bei diesem Angriff ums Leben, rund 35 wurden verletzt. Der Schaden an Häusern und Geschäftsgebäuden wurde damals mit 18.596 Pfund beziffert. Trotz starken Abwehrfeuers an der englischen Küste erreichte das Luftschiff mit kleinen Schäden sicher den Heimathafen.

Der Besatzung von LZ 38 war damit der prestigeträchtige erste Angriff auf die "Festung London" gelungen. Damit ging auch ein Wunsch des Grafen Zeppelin in Erfüllung. Zeppelin hoffte auf einen schnellen Sieg über England durch die Bombardierung von Hafenanlagen und Industriezentren. Ein Plan, der nicht aufging. Die Luftschiffe konnten die propagierten Leistungen nicht erbringen. Ihre Wetteranfälligkeit, Probleme in der Navigation und technische Mängel machten gezielte strategische Bombardements unmöglich.

"Wunderwaffe" gegen England

Kriegsrechtliche Bedenken bezüglich eines Angriffs auf eine Stadt, in der sich nicht nur Soldaten, militärische Einrichtungen und Rüstungsindustrie, sondern auch tausende Zivilisten befanden, gab es innerhalb der deutschen Militärführung durchaus. Nach der Haager Landkriegsordnung war ein Angriff auf "unbefestigte" Städte nicht zulässig, "unbefestigt" wurde jedoch unterschiedlich definiert.

Nach den britischen Fliegerangriffen gegen deutsche Luftschiffhallen Ende 1914 und der Seeblockade der deutschen Küste durch Verbände der Royal Navy, stieg der öffentliche Druck auf den Kaiser, die versprochene "Luftschiff-Wunderwaffe" gegen England zu senden. Anfang Januar 1915 stimmte er Angriffen auf die britischen Inseln zu. Bereits am 19. Januar 1915 fielen die ersten Luftschiffbomben auf englischen Boden. Im Februar folgte dann die Freigabe von militärischen Anlagen im Osten Londons. Historische Gebäude, Kirchen, zivile Einrichtungen und Palastgebäude der Königsfamilie seien jedoch zu schonen. Auf Grund der technischen Möglichkeiten eine kaum umsetzbare Auflage. Erst im Juli 1915 durfte die ganzen City of London bombardiert werden.

Dem Angriff von LZ 38 folgten bis zum Kriegsende noch sieben weitere Luftschiffangriffe auf die britische Hauptstadt. Dabei kamen 153 Menschen ums Leben, 416 wurden verletzt.

Doch nicht nur London auch andere Städte in Großbritannien, Frankreich, Belgien, Russland, Rumänien oder Griechenland erlebten die Schrecken des neuen Luftkrieges mit Luftschiffen. Die Ausweitung des Krieges auf Städte, die weit entfernt von den bekannten Frontlinien lagen und die unerwartete Gefahr aus der Luft waren eine völlig neue, schockierende Erfahrung. Die Luftschiffe verbreiteten Angst und Zerstörung, Tod und Verwundung. Da sie sich dennoch militärisch nicht bewährten wurden die Luftschiffe durch neu entwickelte Flugzeuge ersetzt.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 14293