Friedrichshafen / sz - Weil Helmut Zierl erkrankt war, war das Gastspiel des Euro-Studios Landgraf mit Moritz Rinkes Stück "Wir lieben und wissen nichts" verschoben worden, jetzt ist Teresa Weißbach wegen Schwangerschaft ausgefallen, sie wurde jedoch mit Sandrine Guiraud ersetzt, so dass die Beziehungskomödie des Erfolgsautors am Mittwoch und Donnerstag doch über die Bühne im Bahnhof Fischbach gehen konnte.
Das Muster ist bekannt: Mit zwei Paaren prallen auch zwei Welten aufeinander oder eher vier Kontinente, am Ende ist nichts mehr wie zuvor. Wie in Edward Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" und Yasmina Rezas "Gott des Gemetzels" eskalieren die Wortduelle, doch das Personal ist anders gemischt. Schnell sind die Spannungen innerhalb der Paare erkennbar, die wachsende Anziehungskraft des fremden Gegenübers, dessen eigenem Partner die negativen Eigenschaften nur zu bekannt sind. Lebensentwürfe prallen ebenso aufeinander wie Beziehungsmuster. Fassaden werden abgekratzt, Probleme freigelegt und Moritz Rinke findet dafür geschliffene Dialoge. Allerdings findet er nicht zur rechten Zeit ein Ende, immer noch einmal geht die Geschichte weiter, auch als ein Schuss gefallen ist. Die Frauen haben ihre Männer verlassen, doch das letzte Wort ist Sebastians Ruf nach Hannah. Erfreulich ist Rüdiger Hentzschels zurückhaltende Regie, die Brüller und leise Töne kennt.
Hannah gibt ZEN-Kurse für Manager und muss dafür eine Zeitlang nach Zürich. Ihr Partner Sebastian, erfolgloser Soziologe und Schriftsteller, soll mit, probt vergeblich den Aufstand: "Ich bleibe hier, werde ständig hingeschleppt, wo ich nicht hinwill." Aufstand ist zu viel gesagt, eher passiver Widerstand: Die Partner für den Wohnungstausch klingeln schon, doch er sitzt zwischen seinen Büchern, hat noch nichts gepackt, hält Hannah einen Vortrag über die Kultur der Adamiten. Vergnüglich, wie Helmut Zierl den Widerstrebenden auf die Bühne bringt, der auf seine Art sein Gegenüber bis aufs Blut reizt. Gereizt ist Hannah schon längst, mit Zuckerbrot und Peitsche versucht die Karrierefrau dem ungebärdigen Partner beizukommen. Glaubhaft verfällt Elisabeth Degen dabei von einer Stimmung in die andere. Mit dem rabiaten Satelliten-Freak Roman kann Hannah mehr anfangen. Wie ein hungriges Raubtier lässt ihn Uwe Neumann als gestresstes Nervenbündel ankommen. Was soll er mit einer Wohnung ohne WLAN anfangen? Wo ist bloß das Kennwort für den Zugang? "Wie bei den Wilden ist das hier!" Sebastian ist das egal: Wem nützt die weltweite Vernetzung, wenn er nichts zum Fressen hat? Auch Romans Ehefrau Magdalena ist nur widerwillig mitgekommen. Sie kennt ihren hyperaktiven Mann und findet bei Sebastian scheinbar eine verwandte Seele. Sandrine Guiraud macht ihre Emanzipation augenscheinlich: Magdalena mag sich nicht mehr weiter unterwerfen – ob sie das schafft, bleibt offen.