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Hier verfolgen Kameras jeden Schritt

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Friedrichshafen / sz - Jeden Tag laufen und fahren Bürger auch im Bodenseekreis unter den Objektiven Hunderter oder gar Tausender Überwachungskameras hindurch. Doch die Sicherheitstechnik wird kontrovers diskutiert: Während Befürworter in Videoüberwachung eine segensreiche Technik sehen, die Kriminalität im Vorfeld verhindern soll und bei der Aufklärung hilft, sehen Datenschützer darin einen Unheilbringer, der Menschen unter Generalverdacht stellt und zudem erfolglos sei. Egal welcher Sichtweise man anhängt – es ist nicht der Staat, der in der Region auf Sicherheit durch Kameras setzt. Die wichtigsten Fakten:

Wo gibt es in Friedrichshafen und im Bodenseekreis Überwachungskameras?

Es gibt keine genauen Daten zur Zahl von Überwachungskameras in Friedrichshafen und der Region. Klar ist jedoch: Bürger dürften täglich Duttende Male von Kameras privater Unternehmen gefilmt werden. Das geht los beim Geldautomaten und in der Bank, wo Videoüberwachung teilweise sogar vorgeschrieben ist und endet noch nicht an den Tankstellen der Region, die ihre Zapfsäulen fast ausnahmslos mit Kameras überwachen. Auch in vielen Geschäften wird Videoüberwachung in den Verkaufsräumen eingesetzt, darauf muss übrigens gesondert hingewiesen werden. Ein klassischer Fall videoüberwachter, öffentlicher Bereiche sind natürlich Parkhäuser, zum Beispiel das Häfler Parkhaus am See, wo schon die Zu- und Ausfahrten von gut sichtbaren Kameras im Blick gehalten werden. Was viele nicht wissen: Kameras zur Verkehrsüberwachung gibt es nach Aussagen der Stadt Friedrichshafen und der Polizei in der Region nicht – allerdings kann es trotzdem passieren, als Bürger im Verkehr ins Visier einer Kamera zu geraten: Wenn der Videowagen oder das Videomotorrad der Polizei unterwegs ist, um Temposünder zu stellen. Zu guter Letzt setzen auch viele der größeren Arbeitgeber der Region – darunter ZF und MTU - zur Sicherung ihrer Werksgelände auf Kameras (siehe unten), die durchaus auch Mal öffentliche Bereiche im Blick haben können.

Wann setzten die Polizei oder andere staatliche Behörden Kameras als Sicherheitsmaßnahme ein?

Der Einsatz von Überwachungskameras in Friedrichshafen wurde in der Vergangenheit durchaus diskutiert. Doch die Hürden dafür sind hoch: "Die Ortspolizeibehörden dürfen an öffentlich zugänglichen Orten Bild- und Tonaufzeichnungen von Personen anfertigen, wenn sich die Kriminalitätsbelastung dort von der des Gemeindegebiets deutlich abhebt und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort auch künftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen ist", teilt Stadtsprecherin Andrea Gärtner mit. In Friedrichshafen gebe es keine dieser Kriminalitätsschwerpunkte, deshalb würden weder von der Stadt noch von der Polizei öffentliche Überwachungskameras eingesetzt.

Wurden in der Region schon Verbrechen durch Kameraüberwachung verhindert oder aufgeklärt?

Laut Peter Hauke, Sprecher der Polizeidirektion Konstanz, ist der Beitrag von Kameraüberwachungen in der Region zur Aufklärung von Verbrechen eher gering. "Es ist selten, dass das zu einem Fahndungserfolg führt. Oft lässt sich nicht mal der Typ eines Autos erkennen", sagt er etwa zur Qualität von Videoaufzeichnungen, die oft an Tankstellen angefertigt würden. Zwar gebe es mittlerweile eine Zunahme der Qualität solcher Aufnahmen. Ihm sei aber kein Fall in der Region bekannt, in dem eine Videokamera wesentlich zur Aufklärung eines Verbrechens beigetragen hätte. Dazu trage auch bei, dass Aufnahmen erst bei schwereren Vergehen veröffentlicht werden dürfen. Laut Hauke liege die Stärke der Technik aber in der Abschreckung und Prävention von Verbrechen. Kameras würden bei der Bevölkerung auch eine Art Sicherheitsgefühl erzeugen. Hauke: "Es schreckt halt doch ab."

Werden Veranstaltungen wie das Seehasenfest durch Kameras sicherer gemacht?

2009 dachte der damalige Polizeichef Karl-Heinz Wolfsturm offen darüber nach, Randalierern auf dem Seehasenfest das Leben per Kameraüberwachung schwerer zu machen. Aus den Plänen wurde nichts, auch wegen des Widerstands der Stadt Friedrichshafen. Bis heute sind Seehasenfest, Kulturufer und Co. daher frei von Kameratechnik. Die Behörden setzen lieber auf konventionelle Sicherheitskräfte. Stadtsprecherin Gärtner: "Die Bilanzen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass das Seehasenfest ein friedliches Fest ist und der Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungen nicht notwendig ist."

Wozu dienen die Überwachungskameras an den Werken der wichtigsten Arbeitgeber der Region – wie MTU, ZF oder Airbus?

Weithin sichtbar sind für viele Häfler die Überwachungskameras an den Toren und Zäunen der großen Arbeitgeber der Region. Dabei kann durchaus auch einmal öffentliches Gelände in den Blick geraten: "Wir schützen damit unsere Werksgelände vor unbefugtem Zutritt und vor Beschädigung. Der Blick der Kameras darf dazu allerdings nur in sehr eingeschränktem Umfang den angrenzenden öffentlichen Bereich erfassen – hier haben wir die geltenden Gesetze insbesondere im Bereich Datenschutz zu beachten", sagt etwa MTU-Sprecher Wolfgang Boller zu dieser Praxis. Nur wenn es der Aufklärung von Straftaten durch Sicherheitsbehörden diene und von diesen angefordert würde, sei im Rahmen der geltenden Gesetze einer Weitergabe solcher Aufnahmen von öffentlichem Gelände denkbar. Deutlich öfter in den Blick der Werkskameras dürften allerdings Mitarbeiter der Betriebe geraten. Boller: "Dabei achten wir insbesondere auch darauf, dass wir die diesbezüglichen Rechte unserer Mitarbeiter entsprechend der geltenden Gesetze wahren. Eine weitere Überwachung findet nicht statt. Es kam allerdings auch schon vor, dass die Überwachung von Mitarbeitern in einem Betrieb für Ärger sorgte: So gab und gibt es im Graf-Zeppelin-Haus Kameras, die die Küche und Ausgabebereiche des dortigen Restaurantbetriebs überwachen. Dabei gerieten auch schon städtische Mitarbeiter während der Mittagspause ins Visier der Kameras und beschwerten sich bei der Stadtverwaltung. Die kam am Ende zum Ergebnis, die Praxis sei legal. Mindestens ein städtischer Mitarbeiter sieht das bis heute anders.


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