Friedrichshafen / sz - Das Verlangen, sich sicher zu fühlen, zählt zu den elementaren Grundbedürfnissen der Menschen. Gewährleisten muss die Innere Sicherheit der Staat, verantwortlich ist dafür in erster Linie die Polizei. Im Gespräch mit SZ-Redakteur Gunnar M. Flotow spricht Ekkehard Falk, Chef des Polizeipräsidiums Konstanz, über diese Herausforderung.
Herr Falk, wie sicher ist der Bodenseekreis – auch im Vergleich zu anderen Landkreisen in Baden-Württemberg?
Der Bodenseekreis ist ein sicherer Landkreis. Wenn man sich die so genannte Häufigkeitszahl anschaut – also die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner – sieht man, dass der Bodenseekreis mit 4400 auf einem absolut guten Platz liegt.
Als eines der größten Sicherheitsprobleme galten zuletzt die Wohnungseinbrüche. Wie ist jetzt die Lage? Und wie erfolgreich war die elfköpfige Ermittlungsgruppe, die Sie im vergangenen Jahr eingesetzt haben?
Was den Wohnungseinbruchsdiebstahl angeht, muss man deutlich differenzieren. Im Bereich des Polizeipräsidiums gibt es zwar eine deutliche Zunahme der Fälle, doch diese Zunahme erfolgte fast ausschließlich im Landkreis Konstanz. Wir haben im Bodenseekreis einen leichten Rückgang der Fälle, ebenso im Landkreis Ravensburg, wo wir noch 128 Wohnungseinbrüche registrierten. Wenn man das mit dem Landkreis Konstanz und dessen 455 Straftaten vergleicht, macht das doch deutlich, wie unterschiedlich die Dimensionen sind.
Die Ermittlungsgruppe wurde inzwischen noch einmal verstärkt. Sie hat dahingehend Erfolg gebracht, dass man sich nun schwerpunktmäßig und professionell um diese Delikte kümmern kann. Einige Serientaten konnten aufgeklärt werden.
Die Anton-Sommer-Straße war jahrelang ein Brennpunkt in Friedrichshafen. Dort scheint Ruhe eingekehrt zu sein, nachdem ein Discobesitzer sein Konzept geändert und die "Etage 1" das "Zirkuss" abgelöst hat. Wie sehen Sie’s?
Die Kollegen sagen, dass es in den vergangenen Monaten gefühlt ruhiger wurde. Das neue Konzept greift erst seit November, dieser Zeitraum ist noch etwas zu kurz, um eine verlässliche Zwischenbilanz zu ziehen. Eines kann man auf jeden Fall sagen: Die Belastung des Wohngebiets Kitzenwiese ging auf null zurück. Das liegt daran, dass der Einlass in die neue Disco erst ab 18 Jahre ist und somit folglich keiner mehr nachts auf den Zug geht.
Ist organisierte Kriminalität im Bereich des Polizeipräsidiums Konstanz noch ein Thema?
2014 hatten wir drei Verfahren. Immer mal wieder kommt das Thema mafiöse Strukturen auf, doch dafür haben wir keine Anhaltspunkte.
Wie steht’s um die Rockerkriminalität?
Schwerpunkt ist in diesem Bereich der Landkreis Konstanz, wo zwei der großen vier Rockergruppen vertreten sind: Hell’s Angels und Gremium. Gerade was die Hell’s Angels angeht, ist eine gewisse Verunsicherung zu spüren, weil es ja verboten ist, das Abzeichen – also den Schriftzug Hell’s Angels einschließlich geflügelten Totenkopf – zu tragen. Wenn in Sachen Rockerkriminalität wieder etwas aufkommt, gilt natürlich: null Toleranz. Dagegen werden wir mit allem vorgehen, was wir haben.
Wie halten Sie eigentlich von Computerprogrammen wie "PreCops", mit denen die Polizei Straftaten vorhersagen will?
Das kann ein wichtiges Hilfsmittel für voraussehende Polizeiarbeit sein. Ich vergleiche es jedoch immer mit dem Wetterbericht: Im Konkreten bleibt der Mensch unersetzlich.
Aus der Bevölkerung kommt immer mal wieder der Ruf nach polizeilichen Hilfskräften beziehungsweise einer Bürgerwehr. Was halten Sie von dieser Idee?
Gar nichts. Polizeiaufgaben werden jeden Tag komplexer, sei es durch die Rechtssprechung, sei es durch technische Anforderungen oder auch durch die Erwartungshaltung der Bürger. Jeder möchte hochkompetent bedient werden. Nicht umsonst sind 60 Prozent unserer Kollegen im gehobenen Dienst, meistens mit Hochschulstudium – das ist auch dringend notwendig. Zur Bewältigung dieser Aufgaben kann ich nicht irgendeine Bürgerwehr loslassen. Es gibt natürlich Aufgaben, die ein gemeindlicher Vollzugsdienst wahrnehmen kann. Für kernpolizeiliche Aufgaben brauche ich aber Profis.
Im Gegensatz zu früher hat man den Eindruck, dass das Thema Sicherheit für den Bürger immer wichtiger wird. Sehen Sie’s auch so? Und haben Sie dafür eine Erklärung?
Es gibt ziemlich viele Faktoren, die das Sicherheitsgefühl beeinflussen. Wenn Sie den Fernseher anschalten, sehen Sie jeden Tag Berichte aus Krisengebieten mit dem Hinweis auf unsichere Zeiten oder auch Berichte über Anschläge. Das wird vom Zuschauer transformiert und so kann auch hierzulande ein Bedürfnis nach Sicherheit wachsen. Mit der objektiven Lage hat das jedoch meistens nichts zu tun.