Friedrichshafen / sz - Am Montagabend hat der Schriftsteller Peter Renz im Kiesel sein neues Buch "Heimat" vorgestellt, kein Roman und kein Band mit Erzählungen, wie sie üblicherweise an diesem Ort vorgestellt werden, sondern eine Sammlung von sechzehn Essays mit dem Untertitel "Ausflug in ein unbekanntes Land". Essays aus mehreren Jahrzehnten, die sich aus sich verändernder Perspektive mit dem Begriff Heimat auseinandersetzen.
Peter Renz ist hierzulande kein Unbekannter. Im Auftrag der Stadt hat er 2008 unter dem Titel "Friedrichshafen. Eine deutsche Stadt am See" leicht lesbare Texte zur Geschichte Friedrichshafens geschrieben und 2011 das Libretto für das Stadtmusical "Der Himmel über dem Bodensee".
Jetzt also Gedanken zur Heimat. Das Thema hat in letzter Zeit sehr an Aktualität gewonnen, gerade durch den stark angewachsenen Zustrom von Flüchtlingen. Dass sie nach Deutschland kommen, weckt bei nicht wenigen Bürgern Ängste, die sie bisher nicht kannten. Sie denken verstärkt über die Gegend nach, in der sie wohnen. Es ist auch eine Gegenbewegung zur immer mehr um sich greifenden Globalisierung, die mit einer Gleichmacherei einhergeht.
Peter Renz, aus Oberschwaben stammend und der Region immer treu geblieben, beschreibt die Aufbruchstimmung etwa zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der in der Landschaft am See und in Oberschwaben, vom fast völlig zerstörten Friedrichshafen einmal abgesehen, keine gravierenden Wunden hinterlassen hat. Er erzählt von einer Aufbruchstimmung, die die Studenten der jungen Universität Konstanz erfasste. Fast zum Schmunzeln die vorgelesene Beschreibung einer Überfahrt auf der Fähre von Staad nach Meersburg, auf der die Studenten immer weiter diskutieren, mehrmals auf der Fähre hin und her fahren, sich die Köpfe heiß reden und fast das Aussteigen vergessen. Es ist der Aufbruch, der 1968 seinen Höhepunkt gefunden hat und dann langsam wieder versiegt ist, von einigen wenigen abgesehen. Vom Forum Oberschwaben ist die Rede, von Martin Walser. Die Hiesigen fühlen sich durch ihre alemannische Sprache verbunden, die auch eine bestimmte Art des Denkens transportiert.
Drei ausgewählte Texte hat Peter Renz gelesen. Von Resignation war da wenig zu spüren. Er stand am Lesepult, auch das ganz anders als sonst, und las ruhig, selten ein Blick ins Publikum. Nichts mehr von dem Feuer, das er vor Jahren beim Literaturforum Oberschwaben in Wangen versprühte. Bürgermeister Peter Hauswald und Claus-Wilhelm Hoffmann, der ehemalige Oberbürgermeister von Biberach und heutige Vorsitzende der Literaturstiftung Oberschwaben, auf deren Anregung das Buch im Klöpfer&Meyer-Verlag erschienen ist, hatten den Abend eröffnet, Franz Hoben, Geschäftsführer der Literaturstiftung Oberschwaben, beschloss ihn mit dem Hinweis, dass der Band nicht nur grundsätzliche Überlegungen zum Heimatbegriff enthalte, sondern auch lebendige, farbig beschriebene Impressionen aus oberschwäbischen Städten, die selbst für Oberschwaben oder "Hiesige", wie Martin Walser es nennen würde, Neues bringen würden. Hobens Fazit: "Das Buch kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, es ist unbedingt empfehlenswert."