Friedrichshafen / sz - Rund 590000 Euro will die Stadt Friedrichshafen bis zum Jahr 2017 investieren, um die Betreuung von Flüchtlingen im Stadtgebiet zu verbessern. Dafür sollen insgesamt drei neue Vollzeitstellen besetzt werden. Unterdessen entspannt sich der Wohnungsmarkt für Asylbewerber – doch die Prognosen für die Zukunft sind wackelig.
Mit einer bewegenden Geschichte eines Flüchtlingskinds in einer Häfler Kita, das vor platzenden Luftballons in den Garten flüchtet – weil das Geräusch an Schüsse oder Explosionen erinnert – führte CDU-Stadtrat Hannes Bauer am Montag zum "Ja" seiner Fraktion zum neuen Flüchtlingskonzept der Stadt hin. "Der Umgang mit solchen Traumata ist jetzt die größte Herausforderung", sagte Bauer, ehe er und alle Ratsfraktionen das Konzept einstimmig verabschiedeten. Das bedeutet nun einen deutlichen Ausbau der städtischen Bemühungen für Flüchtlinge.
Kernpunkt des künftigen Konzepts zur Betreuung und Integration von Menschen aus den Krisengebieten der Welt ist die Schaffung neuer Stellen. Zwei will die Stadt dabei dem Roten Kreuz finanzieren, um sich mehr als schon bisher um die direkte Betreuung von Flüchtlingen im Stadtgebiet zu kümmern. Dafür sollen bis 2017 rund 413000 Euro an die Hilfsorganisation fließen.
Zusätzlich will die Stadt eine neue Stelle beim Sozialamt besetzen, die künftig die Koordinierung von Hilfs- und Betreuungsangeboten für Flüchtlinge übernehmen soll. "Es ist teilweise ein nebeneinander her. Durcheinander will ich nicht sagen", sagte Thomas Köhler vom Sozialamt der Stadt am Montag zur Begründung dieser Stelle. Offenbar haben sich in Friedrichshafen in Folge der gewachsenen Flüchtlingsnot in der Stadt in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche Vereine, Organisationen und freiwillige Helfer gemeldet, um Flüchtlingen beispielsweise Sprachunterricht zu geben oder anderweitig im Alltag zu helfen. Was bislang aber gefehlt habe, ist die Koordinierung dieses ehrenamtlichen Netzwerks. Die neue Stelle im Sozialamt soll das nun schaffen. Veranschlagt ist sie bis zum Jahr 2017 mit rund 165000 Euro.
Zahlen nach oben korrigiert
Der Ausbau der städtischen Flüchtlingsbetreuung kommt nicht von ungefähr, sondern ist Ergebnis wohl weiterer steigender Flüchtlingszahlen in Stadt und Kreis. Dennoch loben gut informierte Kreise das Engagement der Stadt schon jetzt als bemerkenswert und über den Rahmen ihres gesetzlichen Solls hinausgehend.
Laut Hans-Jörg Schraitle, Sicherheitschef der Stadt, hat Friedrichshafen im Jahr 2014 für 140 Flüchtlinge Wohnungen im Anschluss an die Erstunterkunft bereitgestellt. Das waren 22 mehr als geplant. 2015 sollen die Zahlen leicht sinken – auf 101 Menschen. Doch spätestens 2016 wird die Stadt aller Voraussicht für 250 Personen eine Wohnung finden müssen. Erschwerend kommt bei diesen Zahlen hinzu, dass sie alles andere als zuverlässig sind. Eben erst hat zum Beispiel der Bodenseekreis seine internen Prognosen des Flüchtlingszuwachses deutlich nach oben korrigiert. Statt 100 Menschen pro Monat werden künftig 150 Flüchtlinge pro Monat im Kreis erwartet, die – mit zeitlicher Verzögerung – irgendwann in den Städten und Gemeinden eine Wohnung benötigen.
Wohnungsmangel
"Flüchtlinge nehmen uns Wohnungen weg" – immer wieder ist dieser Spruch in der Stadt zu hören. "Stimmt nicht", sagt jetzt die Stadtverwaltung. Zuletzt seien beispielsweise von 30 freien Wohnungen, die die städtische Wohnbaugesellschaft dann zur Unterbringung von Flüchtlingen angeboten habe, acht Wohnungen gar nicht für diesen Zweck genutzt worden und auf den freien Markt zurückgekehrt. Der überwiegende Teil von Flüchtlingen kommt ohnehin in privat vermieteten Wohnungen unter.