Friedrichshafen / sz - Was hat der englische Konzern Rolls-Royce mit seiner Häfler Tochter Rolls-Royce Power Systems vor? Diese Frage treibt die Belegschaft in Friedrichshafen um, nachdem Aufsichtsratschef Lawrie Haynes in einem internen Brief die Perspektive des Unternehmens skizziert hatte. Der Betriebsrat befürchtet eine Zusammenlegung von Abteilungen und massiven Arbeitsplatzabbau.
Wenn Firmenchefs Formulierungen wie "Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und langfristigen Perspektive" verwenden, schwant den meisten der Angesprochenen beziehungsweise Betroffenen nichts Gutes. Genau diesen Titel trug ein Schreiben, das Lawrie Haynes, Vorstandmitglied bei Rolls-Royce und Aufsichtsratschef der Häfler Tochter Rolls-Royce Power Systems, am vergangenen Donnerstag über das firmeninterne Kommunikationsnetz streute. Die Botschaft des Schreibens, das der Schwäbischen Zeitung vorliegt, ist eindeutig formuliert: Die Kosten im Unternehmen müssen runter. Wie dies geschehen soll? Durch "Verbesserung und Integration", lässt Haynes wissen. Die drei Geschäftsbereiche "Power Systems", "Marine" und "Nuclear" innerhalb seiner Division "Land & Sea" sollen daraufhin geprüft werden, wo Aktivitäten zusammengeführt werden können. Besonders im Fokus stehen dabei "Power Systems" und "Marine". "Wir beabsichtigen, diese beiden Geschäftsbereiche zusammen zu bringen", stellt Haynes klar. Eine stärkere Integration in den Bereichen Finanzen, Personal, Kommunikation und Marketing werde ebenfalls angestrebt. "Für einige von Ihnen werden die Veränderungen deutlich spürbar sein, für andere weniger", schreibt der Boss aus London vielsagend und fügt am Ende noch ein paar ermunternde Worte an: "Ich bin sicher, dass wir uns konsolidieren können und bereit sein werden, zu wachsen, sobald der Markt für Marine und Power Systems sich wieder erholt – was er zweifellos tun wird."
"Vorgehen ist inakzeptabel"
Der Häfler Betriebsrat reagierte ziemlich verschnupft auf Haynes’ Brief – und konterte am Montag. "Wir stellen fest, dass in unseren Werken bereits durch Vertreter von Rolls-Royce offensichtlich Bestandsaufnahmen durchgeführt werden, die erkennen lassen, dass Rolls-Royce beabsichtigt, viele Zentralfunktionen bei sichanzusiedeln beziehungsweise zu zentralisieren", schreibt Thomas Bittelmeyer, Chef des Gremiums, in einer Mitarbeiterinformation. "Diese Vorgehensweise ist inakzeptabel und wird vom Betriebsrat aufs Schärfste verurteilt." Ihn erfülle mit großer Sorge, "dass wir nur noch zur Bedürfnisbefriedigung von Rolls Royce missbraucht werden und unsere eigentliche Arbeit, gute Motoren zu entwickeln, zu bauen und zu vertreiben, auf der Strecke bleibt". Was er unter Bedürfnisbefriedigung verstehe, präzisierte Bittelmeyer auf Nachfrage der Schwäbischen Zeitung: "Es geht Rolls-Royce darum, Geld rauszuziehen. Großes Interesse an Investitionen besteht nicht mehr." Ihn ärgert auch, dass Haynes sowohl Aufsichtsrat als auch Betriebsrat übergehe, denn Verschmelzungen innerhalb der Division "Land & Sea" oder Auslagerungen von zentralen Funktionen seien im Aufsichtsrat zu behandeln und unterlägen der betriebsrätlichen Mitbestimmung. "Der Betriebsrat wird sich weitere Alleingänge der Anteilseigner nicht gefallen lassen und entsprechende Maßnahmen ergreifen", kündigt Bittelmeyer an. "Wir werden keine Entscheidungen zu Lasten des Standorts Friedrichshafen hinnehmen."
Rolls-Royce Power Systems wollte zur Kritik des Betriebsrats keine Stellungnahme abgeben.