Friedrichshafen / sz - Was den Impfschutz gegen Masern angeht, geht der Bodenseekreis mit keinem guten Beispiel voran. Veronika Kley vom Gesundheitsamt des Kreises hat mit Hagen Schönherr über das Thema gesprochen. Nachdem in Berlin ein Kind an einer Maserninfektion gestorben ist, war eine bundesweite Debatte um den Fall und die Folgen entstanden.
Frau Kley, der Bodenseekreis ist eine reiche Region, die Menschen sind gut gebildet. Wir dürften wohl auch beim Impfschutz gegen Masern ganz vorne liegen?
Nein. Das Gegenteil ist der Fall. Die Masernimpfquote im Bodenseekreis ist keineswegs so, wie sie sein sollte. Um die Masern auszurotten, sollten 95 Prozent der Bevölkerung zwei Masernimpfungen erhalten. Die erste Impfung haben bei uns im Landkreis – das gilt jetzt für 2011 – auch die meisten Kinder erhalten, nämlich 92 Prozent. Die zweite Impfung, die sehr wichtig für den sicheren Impfschutz ist, haben aber nur noch 81,7 Prozent. Damit besteht bei jedem fünften die Kind die Gefahr, dass der Impfschutz nicht funktioniert.
Warum ist das schlimm?
Manche Eltern sind sich nicht klar, welche Verantwortung sie haben. Die Masernimpfung schützt nicht nur das eigene Kind, sondern auch andere Kinder vor Infektion. Kinder unter einem Jahr sind besonders bedroht, da sie in der Regel noch nicht geimpft werden können. Wenn Sie angesteckt werden, weil ein älteres Kind keinen Impfschutz besitzt, ist das sehr gefährlich. Denn Masern sind keine "Kinderkrankheit", sondern können zu ernsten Hirnschäden und bis zum Tod führen. Nur die letzteren Fälle erregen leider öffentlichen Aufmerksamkeit. Das Übertragungsrisiko auf junge Kinder gibt es übrigens vor allem in öffentlichen Einrichtungen wie zum Beispiel Kitas.
Was ist der Grund, dass im Kreis diese Impfmüdigkeit ab der zweiten Impfung herrscht?
Es fällt mir schwer, das einzuordnen. Natürlich gibt es im Kreis Impfkritiker. Die sind aber nicht nur im anthroposophischen Bereich zu finden, wie manchmal zu hören ist, sondern es gibt sie in allen Bevölkerungsschichten. Es ist vielleicht auch eine Frage, ob etwa niedergelassene Ärzte genügend Einfluss auf die Eltern nehmen und Ihnen entsprechend zur Seite stehen können. Es gibt Eltern, an die ist nicht gut ranzukommen. Nachdruck und Aufklärungsarbeit können aber in dieser Sache sehr viel helfen.
Es gibt allerdings auch fast schon militante Impfgegner im Kreis. Bekannt ist etwa Stefan Lanka aus Langenargen, der derzeit wegen einer "Masern-Wette" vor dem Landgericht Ravensburg steht. Lanka bezweifelt gleich, dass es Masern überhaupt gibt. Was ist davon zu halten?
Ich habe diesen Fall verfolgt und ich muss sagen, das ist mir einfach viel zu extrem. Ich kann nicht glauben, dass dies einen Einfluss auf die öffentliche Impfbereitschaft haben könnte und ich hoffe ernsthaft, dass sich niemand von diesen Lehren beeindrucken lässt.