Friedrichshafen / sz - Der Kiesel im k42 in Friedrichshafen ist bei den Filmtagen, die von Freitagabend bis Sonntag andauerten, durchweg sehr gut besucht gewesen. Für fast alle Vorstellungen wurden ein paar Extrakarten verkauft und zusätzlich Stühle aufgestellt. Kein Wunder bei dem auch dieses Jahr großartigen und vielseitigen Programm, das neben Filmgenuss die Gelegenheit bot, mit mehr als fünfzehn Filmemachern ins Gespräch zu kommen.
Unbekannte Macher bewiesen mit ihren Filmen ganz schön großes Können und berührten das Publikum mehr als einmal zutiefst. Langspielfilme wurden am Freitag und Sonntag gezeigt, Kurzfilme am Samstag. Dabei war thematisch alles erlaubt und auch Erstjahreswerke von Filmstudenten hatten es unter die 16 Kurzfilmfavoriten der Jury aus dem Kulturbüro geschafft, die damit aus 139 Einsendungen das Programm des Filmtagesamstags zusammengestellt hatte, das auf die morgendlichen Kinderkurzfilme folgte.
Kein Jahr Film studiert zu haben, nur vier Rollen 16mm-Film in Schwarzweiß als Begrenzung und massig Vorgaben (keine Kinder, keine Tiere, keine Stunts, keine Effekte, keine Waffen) konnten Lukas Baier nicht davon abhalten, mit seinem Kurzfilm "Renate" beinahe den Publikumspreis der ZF-Stiftung zu gewinnen. Der Film schildert eindrücklich und eindringlich die Wahrnehmung der demenzkranken Renate, die im Altersheim lebt. Uns begeisterte neben den tollen Bildern und der feinfühligen Art des Filmemachers auch die einfühlsame Darstellung des gezeigten Pflegers – schließlich schaffen es meist nur die Negativbeispiele dieser Berufsgruppe in den Fokus. Der Filmemacher hatte sich zur Recherche selbst in ein Altersheim begeben und dort gearbeitet.
Technisch beeindruckend zeigte sich die Parodie auf James Bond "Schnee in Rio", die mit komponierter Filmmusik und einem für dieses Genre angemessen überlangem und technisch bis in die Feinheiten durchdachten animierten Intro das Publikum bei Laune hielt.
Von "Angry Birds" inspiriert
Auch mit "Wind", einem sehr reduzierten und dabei umso komischeren Animationsfilm, dem Film eines menschlichen Katastrophenauslösers "Lothar", der laut seinem Regisseur vom Handyspiel "Angry Birds" inspiriert worden sei, und Erik Schmitts als Dokumentation aufgezogenen Komödie "Telekommando" ging es lustiger zu. Hauptdarsteller Folke Renken, der die Hauptrolle in dieser Komödie spielte, arbeitet nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Designer und Sprecher. "Die Schauspielerei ist zwar ein sehr schönes Standbein", äußerte er dazu im Publikumsgespräch, "aber die anderen beiden sind einträglicher."
Ernster aber mit Augenzwinkern ging es am Freitag mit der Doku "Hier sprach der Preis" über den Untergang der Praktiker-Kette zu.
Der härteste Tobak waren wohl die Dokumentation "Nirgendland" am Sonntag über ein vergewaltiges Mädchen und der nur rund dreiminütige Kurzfilm "Fortune faded", der die unglückliche Verkettung von Zufällen sehr prägnant auf den Punkt bringt und am Samstag gezeigt wurde.
Somit waren die Häfler Filmtage wieder einmal ein Höhepunkt des Kulturangebots und boten für alle Geschmäcker und alle Altersgruppen etwas. Hartgesottene blieben einfach alle Tage und verließen den Kiesel um viele Informationen und Eindrücke reicher.