Friedrichshafen / mh/ras/jul/ab - Eigentlich ist es nur eine parteiinterne Abstimmung. Passiert aber kein mittleres politisches Wunder, dann ist der Sieger der Wahl des CDU-Kandidaten für die Landtagswahl 2016 am Freitag, 27. Februar, ab kommendem Jahr Parlamentarier in Stuttgart. Wer macht das Rennen? Noch nicht klar, wie eine Umfrage der SZ bei Unionsgrößen im Bodenseekreis ergeben hat.
"Gut, dass wir so früh wählen. Gut, dass wir mehrere Kandidaten haben. Und auch wenn es in der Logik der Sache liegt: Gut, dass wir uns verjüngen werden." Das sagt Ulrich Müller, der seit 23 Jahren für die CDU und den Bodenseekreis im Landtag sitzt und 2016 unter anderem aus Altergründen nicht mehr antreten wird. Er will keine Prognose abgeben, wer am Freitag das Rennen macht, und auch keinen Wunschkandidat nennen. Selbst wählen darf Ulrich Müller übrigens nicht, weil sein Wohnsitz außerhalb des Bodenseekreises liegt.
Prominenz übt Zurückhaltung
Kreisvorsitzender Lothar Fritz aus Überlingen ist mit der Auswahl zufrieden. "Die Zahl der Kandidaten ist erfreulich groß. Es ist gut, dass die Mitglieder somit auch eine richtige Wahl haben", sagt Fritz. "Zu einem Favoriten äußere ich mich nicht", erklärt der Kreisvorsitzende. Er rechne damit, dass rund 300 Mitglieder zur Versammlung nach Ettenkirch kommen. "Aber es wäre erstaunlich, wenn sofort im ersten Wahldurchgang ein Kandidat die erforderliche Mehrheit hat."
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen will sich gar nicht festlegen. Jeder der Kandidaten, die zu dieser Wahl antreten, habe seine Stärken. "Der Indikator für eine erfolgreiche Wahl dürfte jetzt die Rede sein, die Tagesform der Kandidaten ist wichtig", sagt Riebamen. Eine gute Rede können die Abstimmung am kommenden Freitag entscheiden.
Landrat Lothar Wölfle, seit vielen Jahr in der CDU aktiv, hat zwar einen Favoriten, will sich aber ebenso wenig öffentlich festlegen. "Ich weiß zwar, wen ich wähle, aber es wäre gar nicht gut, wenn ich mich dazu äußern würde."
Der größte CDU-Ortsverband (Friedrichshafen) hat sich auf keinen der drei Kandidaten festgelegt, sagt Beate Künze, stellvertretende Ortsvorsitzende. Die Basis habe jetzt die Gelegenheit, eine echte Entscheidung zu treffen und damit eine neue Ära einzuläuten. Sie sei stolz, dass die CDU "so viele und so viele junge Kandidaten" ins Rennen schicken könne. Allgemein hoffe man jetzt in der CDU auf eine hohe Wahlbeteiligung.
"Wer das Rennen machen wird, bleibt spannend bis zum Schluss und hängt meines Erachtens entscheidend von der Präsentation auf der Nominierungsversammlung ab", sagt Karl Bentele, Vorsitzender der CDU Kressbronn. "Wir brauchen einen bürgernahen und kompetenten Vertreter in Stuttgart, der die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger mit Nachdruck vertritt. Ich selber werde mich endgültig erst nach den Vorstellungsreden entscheiden", teilt er mit.
In allzu großer Sicherheit dürfte sich also keiner der drei Kandidaten wiegen. Zumindest öffentlich legt sich kaum ein CDUler fest. Selbst auf die Frage, ob die Themen "Mann/Frau" und "Schwaben/Baden" bei der Entscheidung eine Rolle spielen (und wenn ja, welche), will sich kaum jemand aus der Union äußern.
Erst wieder im Jahr 2039?
Richtig ist, dass die Partei mit der Abstimmung möglicherweise Weichen für viele Jahre stellt. Bleibt der neue Kandidat (oder die neue Kandidatin) so lange im Amt wie der aktuelle (Ulrich Müller), dann ist eine vergleichbare Abstimmung erst wieder im Jahr 2039 zu erwarten.
Nachgefragt bei Susanne Schwaderer
Wie würden Sie sich selbst mit drei Worten beschreiben?
Zupackend, geradlinig, kompetent.
In welchem Jahr sind Sie in die CDU eingetreten und warum?
1996. Ich war bereits seit einigen Jahren in der JU (Jungen Union)engagiert und wollte vor der damaligen Landtagswahl ein Zeichen setzen, dass die CDU sehr wohl junge Menschen (also gerade auch junge Frauen) anspricht. Mich begeistert die Idee der Volkspartei, die Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Hintergründen zusammenführt. Wir vertreten keine Einzelinteressen, sondern haben das Gemeinwesen im Blick.
Wo würden Sie die Arbeit des langjährigen Landtagsabgeordneten Ulrich Müller nahtlos fortführen, wo neue Schwerpunkte setzen?
Auf jeden Fall in seinem hartnäckigen und unermüdlichen Einsatz für den Wahlkreis. Vieles hat er durch leises, unnachgiebiges Strippenziehen im Hintergrund erreicht (beispielsweise Schloss Salem, Messe oder Flughafen). Neue Schwerpunkte setze ich sicher alleine durch den Altersunterschied und die Herangehensweise, beispielweise in der Kommunikation mit facebook & Co.
Was sollte die CDU aus der Niederlage bei der Landtagswahl 2011 gelernt haben (oder noch lernen)?
Das war sehr hart und dadurch sehr lehrreich. Aber wir haben die Aufgaben in der Opposition angenommen. Die CDU ist moderner und offener geworden. Was wir auch gelernt haben, ist dass man nicht immer 58 Regierungsjahre braucht, um abzuheben. Grün-Rot reichen dazu vier.
Nachgefragt bei Volker Mayer-Lay
Wie würden Sie sich selbst mit drei Worten beschreiben?
Bodensee – meine Heimat.
Wann sind Sie in die CDU eingetreten und warum?
Mein Eintritt in die Junge Union erfolgte direkt nach der Bundestagswahl 2002. Nachdem es nicht gelungen war, Rot-Grün mit Kanzler Schröder abzulösen - was ich als sehr enttäuschend empfand - entschied ich mich dazu, Farbe zu bekennen. In die CDU trat ich ein Jahr später ein, nachdem ich zum Kreisvorsitzenden der JU Bodensee gewählt wurde und daher bereits Kraft Amtes dem Kreisvorstand der CDU Bodenseekreis angehörte.
Wo würden Sie die Arbeit Ulrich Müllers nahtlos fortführen, wo neue Schwerpunkte setzen?
MdL Ulrich Müller ist u.a. ehemaliger Umweltminister, ist Vorsitzender des Umweltausschusses und in Umwelt- und Naturthemen insgesamt sehr engagiert. Hier würde ich gerne anknüpfen. Ansonsten werden die Schwerpunkte der Politik immer von der aktuellen Situation des Wahlkreises, den Forderungen der Bürger sowie von der gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation vorgegeben. Diesen vorgegebenen weil notwendigen Aufgaben werde ich mich auch stellen.
Was sollte die CDU aus der Niederlage 2011 gelernt haben (oder noch lernen)?
Macht bedeutet Verantwortung und darf nie als Borniertheit wahrgenommen werden. Der Bürger muss gehört und mitgenommen werden und dies spüren. Darüber hinaus wurde den Strömungen innerhalb der Partei und dem innerparteilichen Diskurs wieder mehr Bedeutung zugemessen. Die CDU will wieder eine Partei der Parteibasis und vor allem eine Partei der Bürger sein.
Nachgefragt bei Wilfried Jerg
Wie würden Sie sich selbst mit drei Worten beschreiben?
Ehrlich, bodenständig, engagiert.
Wann sind Sie in die CDU eingetreten und warum?
Die Geburt meiner Kinder hat meine Bereitschaft nochmals verstärkt, Verantwortung für unsere Gesellschaft zu übernehmen. So bin ich 1995 in die CDU eingetreten und arbeite seither aktiv mit. Mein Ziel ist es, Politik mit Leben und Inhalten zu füllen. Ich setze mich dafür ein, dass sich die Politik um die Lebenswirklichkeit der Menschen kümmert. Ich möchte Wähler und bisherige Nichtwähler von einer guten Politik überzeugen und gemeinsam etwas bewegen.
Wo würden Sie die Arbeit Ulrich Müllers nahtlos fortführen, wo neue Schwerpunkte setzen?
Müller hat sich für die Region eingesetzt und als Verkehrsminister viele Projekte unterstützt. Gemeinsam mit Bus und Bahn müssen sie zu einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur ausgebaut werden. Die Zukunft unserer regionalen Banken ist mir ein Anliegen, denn sie versorgen unsere Wirtschaft mit Krediten und garantieren für die Sicherheit der Spareinlagen. Weitere Schwerpunkte: maßvolle Baulandpolitik, Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Familienförderung, Kindergärten, Schulen, Infrastruktur.
Was sollte die CDU aus der Niederlage im Jahr 2011 gelernt haben (oder noch lernen)?
Fukushima hat das Bewusstsein unserer Gesellschaft verändert. Auf solche Veränderungen müssen wir reagieren und gemeinsam neue Konzepte und Lösungen erarbeiten. Unter Einbeziehung der Basis müssen neue Wege gesucht, Strategien entwickelt und umgesetzt werden.
Das Wahlverfahren
Natürlich entscheidet letztlich der Wähler im Frühjahr 2016, wer in den nächsten Landtag Baden-Württembergs einzieht. Weil der aber seit Menschengedenken am See mehrheitlich bei einem CDUler sein Kreuz macht, hat die Kandidatenkür der CDU am kommenden Freitag in der Ludwig-Roos-Halle in Ettenkirch eine besondere Bedeutung. Wahlberechtigt sind alle CDU-Mitglieder mit Wohnsitz im Wahlkreises 67 (zu dem der gesamte Bodenseekreis außer Tettnang, Meckenbeuren und Neukirch gehört), die am Tag der Abstimmung auch wahlberechtigt für eine Landtagswahl wären. Das sind etwa 1100. Wie viele zu der Versammlung kommen, ist offen.
Bisher haben mit Susanne Schwaderer, Volker Mayer-Lay und Wilfried Jerg drei Kandidaten ihren Hut in den Ring geworfen. Auch zwei Bewerber für die Zweitkandidatur stehen schon fest: Manuel Plösser, Vorsitzender der CDU Friedrichshafen, Architekt und Kreisrat, sowie Jean-Christophe Thieke, Beisitzer im CDU-Kreisvorstand, Betriebswirt und Gemeinderat in Uhldingen-Mühlhofen. Es ist aber durchaus möglich, dass sich noch weitere Kandidaten melden. Die Bewerbungsfrist endet erst während der Wahlversammlung.
Den ersten Wahlgang gewinnt, wer die absolute Mehrheit der anwesenden und stimmberechtigten Parteimitglieder hinter sich schart. Das gilt auch für den zweiten Wahlgang