Friedrichshafen / sz - Ach, was für ein romantischer Brauch das ist: Als Zeichen der ewigen Liebe hängen frisch Vermählte ein Bügelschloss an den Friedrichshafener Moleturm: Eingraviert sind meist Vornamen und Hochzeitstag der Turteltauben. Aber wer die Schlösser am Moleturm einmal genauer unter die Lupe nimmt, wird Kurioses entdecken: Bei den Geschichten, die sich hinter den Schlössern dort verstecken, handelt es sich nicht nur um Hochzeiten.
Zum Beispiel das goldglänzende Schloss von Ataer und Barbara, auf dem ein Herz graviert ist. Dem Schloss zufolge haben die beiden am 28. August 1988 geheiratet. Kurios daran ist, dass es 1988 diesen Brauch noch gar nicht gegeben hat. Zumindest nicht in Deutschland. Hierzulande sind Vorhängeschlösser das erste Mal im Jahr 2008 aufgefallen, und zwar in Köln.
Doch selbst wenn Ataer und Barbara den Brauch schon vorher kannten, hätten sie das Schloss 1988 gar nicht an den Moleturm hängen können. Diesen gibt es nämlich erst seit dem Jahr 2000. Die beiden müssen das Schloss also rückblickend angebracht haben. Denkbar wäre im Jahr 2013, denn da haben die beiden – sofern sie noch verheiratet sind – ihre silberne Hochzeit gefeiert.
Papierne Hochzeit
Nadi und Dani müssen dafür noch ein paar Jahre miteinander aushalten. Sie haben wohl erst im August 2013 geheiratet. Dafür haben sie zu ihrem roten Hochzeitsschloss noch ein gelbes Schloss dazugehängt: Es symbolisiert ihre "Papier-Hochzeit" – nach einem Jahr. Ob da nun jährlich neue Schlösser dazukommen werden? Wünschenswert wäre es. Für Nadi und Dani jedenfalls, für die Stadt vielleicht weniger. Aber die zeigt sich im Moment recht glücklich mit dem Liebesbrauch am Moleturm. Pläne, die Schlösser zu entfernen, gibt es laut Pressesprecherin Andrea Gärtner keine. Auch nicht aus Sicherheitsgründen. So lange die Statik des Turms gewährleistet ist, dürfen die Schlösser dort oben im Wind weiter vor sich hin symbolisieren.
Zwischen all den Glückssymbolen reiht sich aber auch ein tragisches Schicksal ein. Ein goldglänzendes Schloss soll an Paddy erinnern, verstorben wohl am 14. Dezember 2013. "Rip" steht auf dem Schloss: Rest in Peace.
Merkwürdig sind auch zwei andere Schlösser: Das eine sagt "Für immer und ewig" und das andere trägt die Namen Julia und Matthias. Beide Schlösser halten einen Ring gefangen. Was dies wohl für ein Ring war? Ein Verlobungsring vielleicht, der seitdem nicht mehr benötigt wird?
Auch ein Fußballfan hat sich verewigt. Sportlich gesehen ein ziemlich ungewöhnlicher Gefühlsausbruch zwischen all den Liebeserklärungen – oder ein ziemlich konsequenter.
Wem auf dem Moleturm also mal die herrliche Aussicht abhanden gekommen sein sollte, der kann sich an deren statt ja mal mit den Schlössern beschäftigen und nicht den Blick, sondern die Gedanken in die Ferne schweifen lassen.
Noch mehr Bilder von außergewöhnlichen Schlössern finden Sie im Internet unter
schwaebische.de/liebesschloss