Friedrichshafen / sz - Die Menschen in der Gemeinschaftsunterkunft wollen Neues kennen lernen. Am Samstag, 14. Februar, darf, wer von ihnen will, zum großen Narrensprung mitkommen. Unter Hexen, Narren und Musik wollen sie die erhoffte Abwechslung erfahren.
Im Eingangsbereich der Unterkunft in der Paulinenstraße sind sie versammelt, weil sie einen Tischkicker erhalten haben. Sie kommen aus verschiedensten Erdteilen und freuen sich, egal ob Groß oder Klein, über die neue Beschäftigung. Die Theater- sowie die Frauengruppe der St. Columban-Gemeinde haben den Kicker gespendet.
Doch es gibt noch etwas für die Bewohner an diesem Tag: Abzeichen für den Häfler Umzug. An der Pinnwand wird auf die Fasnet-Veranstaltung in verschiedenen Sprachen aufmerksam gemacht. Wer möchte mit, wenn Leute, wie die Narren auf dem Bild an der Wand, durch die Stadt laufen? Etwa 25 Erwachsene sind neugierig und entscheiden sich für die neue Erfahrung. Die Kinder wollen auch mit.
Vorkenntnisse aus Syrien
Ein Kulturschock wird es für die meisten wohl nicht werden. Hassan Ajjawy und Emad Almassaedy kommen aus Syrien und kennen zumindest eine Art Karneval aus ihrem Heimatland. "Es gibt viele Feste bei uns", erzählt Ajjawy. Zum Beispiel zwischen Frühling und Sommer oder auch am Ende vom Sommer, um diesem Tschüss zu sagen, wie Almassaedy erklärt. Da sei es auch immer lustig und die Menschen seien verkleidet.
Für ihn wird es der erste Umzug in Deutschland sein. Ajjawy war schon auf einem – in Karlsruhe. Einen Tag, nachdem er in Deutschland angekommen war. Seit März vergangenen Jahres ist er in Friedrichshafen zu Hause. Jetzt lernt er endlich die Häfler Fasnet kennen.
Neugierig sind die Menschen bereits. Als Annemarie Fricker ihre Gockelmaske aufzieht, zückt der eine oder andere sein Smartphone, um das Bild festzuhalten. Warum sie es wichtig findet, dass die Neuankömmlinge die Fasnet kennenlernen? "Um sie in die Bräuche und unsere Kultur einzuführen und die christlichen Wurzeln dahinter zu zeigen", sagt Fricker, die sowohl für die Narrenzunft als auch für St. Columban tätig ist. Die Kinder würden auch im Kindergarten oder in der Schule von den Narren erfahren. Jetzt sollen sie in der Realität sehen, mit was sie bisher nur theoretisch in Berührung gekommen sind. Für Ostern sei die nächste Aktion geplant.
Zusammen mit Begleitern aus dem Helferkreis Asyl der St. Columban-Gemeinde werden die Asylbewerber sich am Samstag erst einmal unter die Narren mischen. "Wir wollen etwas anderes, etwas neues sehen", sagt Almassaedy. Auch die sechs Familien aus der Schlosskirchen-Gemeinde dürfen mit zum großen Narrensprung. Ob er sich verkleidet, eine Maske aufzieht oder sich bemalt – Emad Almassaedy weiß es noch nicht. Die Vorfreude steht ihm aber bereits ins Gesicht geschrieben.