Friedrichshafen / sz - Egal ob Griechenlandwahl oder EZB-Niedrigzinspolitik: Der Euro zittert, erreichte am Montag gar den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2003. Das lässt weder die Industrie noch traditionelle Branchen in der Region kalt – denn am Bodensee werden weltweite Geschäfte gemacht.
Die SZ hat deshalb wichtige Unternehmen der Region nach ihrer Euro-Laune befragt.
Obst vom Bodensee
Dass ein Apfel vom Bodensee durch den schwachen Euro eine Reise in die USA antreten könnte, scheint schwer vorstellbar – stimmt aber: "Sollte künftig ein noch lukrativerer Wechselkurs die Exportchancen von EU-Kernobst in den Dollarraum nachhaltig verbessern, könnte das ein Ventil für die durch die permanenten Neuaufnahmen von osteuropäischen Staaten in die EU erzeugten, zollfreien Obstüberschwemmungen, sein", sagt Eugen Setz von Obst vom Bodensee. Aktuell sei diese Schwelle aber noch nicht erreicht: "Wechselkursänderungen Euro/Dollar haben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit von Obst vom Bodensee, da Exporte in Länder, die den Dollar als Leitwährung haben, von untergeordneter Bedeutung sind", so Sprecher Setz weiter.
Airbus in Immenstaad
"Das Wechselkursverhältnis zwischen Euro und Dollar spielt für uns eine große Rolle, da unsere Einnahmen hauptsächlich in US-Dollar anfallen, während wir unsere Kosten zum größten Teil in Euro zu begleichen haben", sagt Gregor von Kursell, Pressesprecher von Airbus Defence and Space. Schon zehn Cent Kursunterschied könnten eine Milliarde Euro Unterschied beim Konzerngewinn bewirken. Airbus versucht unter anderem durch einen verstärkten Einkauf im Dollarraum vom Euro unabhängig zu bleiben. Außerdem hat sich das Unternehmen langfristig gegen Wechselkursrisiken abgesichert. Trotzdem sagt der Airbus-Sprecher: "Langfristig wäre ein Dollar-Euro-Verhältnis auf dem jetzigen Stand für uns positiv."
Messe Friedrichshafen
Eine Messe hat nicht viel zu exportieren – ist aber auch ein Schmelztiegel internationaler Kundschaft. Die Messe Friedrichshafen bezeichnet den Einfluss des Eurokurses auf das das eigene Geschäft deshalb im Kern als "so bunt gemischt wie unsere Kundschaft". Derzeit scheinen durch den schwachen Euro aber die guten Folgen zu überwiegen: "Internationalen Ausstellern und Besuchern aus dem Nicht-Euroraum wird der Messebesuch generell erleichtert. Hinzu kommen die Auswirkungen unserer geographischen Lage. Die bereits aktuell starke Schweizer Besucherschaft wird mit zusätzlicher Kaufkraft ausgestattet, die sich vor allem positiv auf Endverbraucher- und Special Interest-Messen bemerkbar machen kann", sagt Stefan Mittag, Prokurist der Messe Friedrichshafen.
Tettnanger Hopfen
Die ganze Welt liebt Hopfen aus Tettnang – das weiß auch Jürgen Weishaupt, Geschäftsführer des Hopfenpflanzerverbands Tettnang. Rund drei Viertel des deutschen Hopfens würden exportiert – in über 100 Länder der Erde. Der Wechselkurs für Lieferungen in den Dollarraum sei da schon ein wichtiger Faktor, der das Geschäfts beleben oder bremsen könne. Der wichtigste Markt für Tettnanger Hopfen seien ohnehin die Vereinigten Staaten. Weishaupt ist daher ein Freund des aktuell günstigen Euro und das drückt er so aus: "Ein schwacher Euro macht Bestellungen und damit auch Hopfenprodukte für die Kunden günstiger und unterstützt so in der Konsequenz die Absatzperspektiven."
ZF
Der Häfler ZF-Konzern versucht sich ähnlich wie Airbus gegen Währungsrisiken abzusichern: "Durch unsere globale Aufstellung ergibt sich zudem der Effekt, dass wir durch Standorte etwa in den USA oder China in den jeweiligen Ländern produzieren und verkaufen und so unsere Wechselkursrisiken reduzieren", sagt Jochen Mayer, ZF-Pressesprecher.
Zeppelin
Für den Häfler Zeppelin-Konzern spielt das Wechselkursverhältnis zwischen Euro und Dollar laut Unternehmenssprecherin Sandra Scherzer einer untergeordnete Rolle: Ein sehr kleiner Teil der Einkäufe von Neumaschinen in Deutschland werde in Dollar abgewickelt. "Der Dollar spielt darüber hinaus beim Verkauf von gebrauchten Maschinen in das weltweite Ausland eine Rolle" ,sagt Scherzer. Eine schwacher Euro erhöhe auf diesem Markt die Exportchancen für Zeppelin. Für das wichtige Geschäft in Deutschland und im Euroraum hätten diese Entwicklungen aber keine unmittelbare Auswirkung.
Warum der Eurokurs die Region interessiert:
Der Bodenseeraum ist Heimat internationaler Konzerne und exportorientierter Landwirtschaft. Diese Branchen profitieren grundsätzlich von einer eigenen Währungsschwäche, da Produkte für internationale Kunden günstiger werden.
Wer allerdings auf internationalen Märkten einkaufen muss – zum Beispiel Rohstoffe, Energie oder Maschinen – guckt in die Röhre: Hier ist für den Euro derzeit immer weniger Ware zu bekommen.