Friedrichshafen / flo - Bürgerbeteiligung spielt bei kommunalen Bauvorhaben eine immer größere Rolle. In ihrer Rede beim Neujahrsempfang hat die Ailinger Ortsvorsteherin Sandra Flucht eine bessere Kommunikation der Verwaltung gefordert, aber auch vor Beschwerdeführern gewarnt, die persönliche Interessen verfolgen und Projekte blockieren. Diese Kritik hat ihr nun wieder Kritik eingebracht.
Sei es Karl-Olga-Haus, die Apfelwiese oder Schätzlesruh – an vielen Stellen, wo die Stadt bauen will, wehren sich Bürger gegen die geplanten Vorhaben. Auch in Berg, wo demnächst eine neue Ortsmitte entstehen soll, ging es nicht ganz ohne Komplikationen ab. Roland Hecht, ein Anwohner der Lohrstraße, hatte den Widerstand einiger Nachbarn organisiert und im März 2014 eine Petition beim Landtag eingereicht. Der Grund: die Sorge, dass einigen Alt-Bergern ungerechtfertigt Erschließungskosten aufgebrummt werden.
"Reden nicht über Peanuts"
Für einige Äußerungen der Ailinger Ortsvorsteherin beim Neujahrsempfang hat er kein Verständnis. "Anstatt selbstkritisch eigene Fehler im Umgang mit Planungen eines – seitens der Berger Bürger akzeptierten Neubaugebietes – zu beleuchten, scheint jetzt in der Wahrnehmung unserer Ortsvorsteherin die Presse und der verunsicherte Bürger Schuld zu haben", schreibt er in einem Brief an die Schwäbische Zeitung. Roland Hecht wirft den städtischen Planern vor, dass alles darauf ausgelegt gewesen sei, den Altbürger "kalt zu enteignen" und zudem mit Straßenerschließungskosten für historische Straßen zu belegen. "Wir reden hier nicht über Peanuts. 20 000 bis 30000 Euro pro Familie drohnten real und – wie heute bestätigt – ungesetzlich." Erst auf den Recherchedruck der Initiative hin habe die Stadt reagiert und erklärt, dass der Einwand, dass es sich um eine erschließungskostenfreie "historische Straße" handele, jetzt geprüft werde. "Auf öffentlichen Druck unsererseits tauchten Mitte April 2014 plötzlich die Lage- und Baupläne aus dem 18. und 19. Jahrhundert auf, die ich schon im Februar 2014 im Stadtarchiv und Landesarchiv nach nicht sonderlich schwieriger Suche gefunden und gesichert hatte. Sein Hinweis an Sandra Flucht: "Nicht zu wenig Information, Ehrlichkeit ist das Problem".
Diesen Vorwurf will die Ortsvorsteherin nicht auf sich sitzen lassen. "Ich habe in meiner Rede bewusst allgemein gesprochen, denn ich verspüre eine generelle Entwicklung über die gesamte Stadt hinweg – und natürlich auch über diese hinaus", erklärt Sandra Flucht auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung und stellt klar: "Meine Rede war zum großen Teil selbstkritisch. Es ist ja völlig richtig, dass man die einzelnen Verfahrensschritte besser und umfassender schon im Vorfeld hätte kommunizieren sollen. Aber manchmal ahnt man einfach nicht, dass sich Unklarheiten ergeben könnten, über die man leicht hätte informieren können. Und oft scheitert eine bessere Information einfach an den Kapazitäten der Mitarbeiter, da schließe ich mich mit ein."
"Unverzüglich informiert"
Sandra Flucht bedauert, dass niemand mit Fragen auf die Verwaltung zugekommen sei. "An der Sache hat die Intervention von Herrn Hecht nichts geändert: Wir hatten die Betroffenen unverzüglich darüber informiert, dass Enteignungen für uns nicht in Frage kommen. Und die Prüfung zum Thema ,historische Straße’ war zu dem Zeitpunkt einfach noch nicht abgeschlossen. Wir haben sie nur dann beschleunigt, um hier wieder Klarheit zu schaffen."