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Häfler helfen ist ein Stück der Seele unserer Stadt

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Friedrichshafen / sz - 81593,41 Euro haben Leserinnen und Leser der Schwäbischen Zeitung seit dem ersten Advent für "Häfler helfen" gespendet. Im vergangenen Jahr waren es am Ende der Aktion knapp 100 000 Euro. Auch wenn damit nach zwölf Jahren erstmals der Aufwärtstrend der weihnachtlichen Spendenaktion der SZ und der beiden großen Kirchen gestoppt ist, überwiegt bei allen Beteiligten die Dankbarkeit.

Die Verantwortlichen der katholischen und der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Friedrichshafen, Pfarrer Bernd Herbinger und Codekan Gottfried Claß, sowie Stadtdiakon Bernd Strohmaier und Sabine Hornig von der Schwangerenberatung der diakonischen Bezirksstelle, denen die Spenden im Verhältnis der Kirchenmitglieder zur Verfügung stehen, ziehen jedenfalls eine positive Bilanz. "Wir sind dankbar, dass uns so viele Häfler vertrauen und sich für unsere Arbeit einsetzen", sagt Strohmaier.

Sogar posthum: Die Familie des kürzlich verstorbenen Ehrenpräsidenten des Vereins zur Pflege des Volkstums, Heiner Moser, bat anstelle von Blumen um Spenden für Häfler helfen. "Das brachte zuletzt noch einmal einen Kräftigen Schub von fast 3000 Euro", teil Pfarrer Herbinger mit. "Das beweist eine innige Verbundenheit mit der Stadt und den Menschen, denen es nicht so gut geht". Selbst der Mainzer Carneval Club habe sich daran beteiligt, teilt Sabine Urbaniak mit, die in der Katholischen Gesamtkirchenpflege das Geld verwaltet. Mit 4500 Euro kam die größte Spende dieses Mal von den Mitarbeitern der Zeppelin GmbH.

Not nicht ausblenden

"In einer Welt, die von bedrohlichen Nachrichten geradezu überflutet wird, zeigt Häfler helfen, dass es vor Ort eine große Bereitschaft gibt, am Schicksal anderer teilzunehmen und Not zu lindern", sagt Codekan Claß. Das sei nicht hoch genug zu schätzen. Häfler helfen sei ein Stück der Seele dieser Stadt. Die Geschichten, die in der SZ unter dem Signet von Häfler helfen erzähle, geben ihr ein Gesicht. Es sei zwar nicht das glatte, strahlende und erfolgsverwöhnte, sondern ein vernarbtes Gesicht, das sich eher abwendet und nicht ins Licht der Öffentlichkeit drängt. "Als Teil von uns dürfen wir es nicht ausblenden", sagt Pfarrer Herbinger und besteht darauf, das Engagement der Journalisten zu nennen, gerade diese Wirklichkeit zu zeigen.

In den vergangenen Wochen stellte die SZ diese Gesichter immer wieder in den Mittelpunkt: alte Menschen, die verarmen, Menschen, die zwar Arbeit haben, aber von dem Lohn nicht leben können, Menschen, die in der Schuldenfalle gefangen sind, die unter erbärmlichen Bedingungen wohnen, Frauen, die mit Kindern alleingelassen sind. Sie klopfen bei Sabine Hornig in der Scheffelstraße und bei Bernd Strohmaier zu Hunderten an. "Feldlazarett der Häfler Armut" nennt der Stadtdiakon sein Zimmer, wenn sich im 15-Minuten-Takt Bedürftige die Türklinke in die Hand geben.

"Wir schauen auf den Nächsten"

Für die kirchlichen Mitarbeiter sind es nicht nur "Fälle". Sie verstehen sich im weitesten Sinne auch als Seelsorger, Berater und Begleiter, deren höchstes Gebot die Nächstenliebe ist. "Für uns ist es zu wenig, Gutes im funktionalen Sinne zu tun, sondern wir schauen auf den Nächsten und wollen Beziehung zwischen Menschen und zu Gott stiften", sagt Pfarrer Herbinger.

"Es geht immer um den Wert und die Würde dessen, der mir jeweils gegenüber sitzt", sagt Strohmaier. Das zu realisieren und zu vermitteln, sei das Wichtigste. "Dann unterstützen, ermutigen, helfen wir, überbrücken extreme Notlagen, leisten Starthilfe". Diese konkrete, tatkräftige Hilfe wäre ohne die Spenden von Häfler helfen nicht oder nur ein einem ganz beschränkten Umfang möglich. "Wenn dann jemand aus seiner Resignation herausfindet, sein Leben wieder in die Hand nimmt, ist das für mich ein Erfolgserlebnis", sagt der Diakon. Für Sabine Hornig zählt es auch zum Erfolg, wenn Leute, denen wir geholfen haben wieder kommen. Wem es ganz schlecht gehe, der neige dazu, sich einzuigeln und alles schleifen zu lassen. Bevor es aber einen großen Knall mache, sei es besser, er sucht sich Hilfe, so die Erfahrung der Schwangeren- und Familienberaterin.

Wer Gutes tut, geht nicht leer aus

Häfler helfen trage so dazu bei, dass die Stadt ihre Seele bewahre, sagt Codekan Class. Diese Seele schließe alle ein: Christen, Muslime, Ungläubige, Einheimische, Zugezogene und Migranten. "Dass wir diese Sorge um die Seelen dankt der Unterstützung von Leserinnen und Lesern leisten ganz praktisch können, freut uns", sagt Strohmaier. Und das um so mehr als die Geschichten und Spendenaufrufe auf eine breite Resonanz stießen. Engagiert haben sich neben den Zeppelinern, die Nikolausgilde, die Sportlerinnen der Turnerschaft 1862, Handwerker, Eisstockschützen, Volleyballfans bis hin zu vielen Einzelnen wie Pia B., die am 6. Dezember 100 Euro auf Strohmaiers Tisch legte und sagte: "Mir geht’s gut, Pia B., von der ich heute in der Zeitung gelesen habe, schlecht".

Auch das ist eine Erfahrung aus Häfler helfen: Wer Gutes tut, geht nicht leer aus. "Sie sind für mich wie eine Schwester, willst Du einen Bruder haben?", fragte ein muslimischer Familienvater Sabine Hornig. Und Bernd Strohmaier freut sich, dass ein gläubiger Moslem jeden Tag in der Moschee für ihn betet.


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