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Charlie-Hebdo-Neuausgabe Mangelware am See

Friedrichshafen / sz - Drei Millionen Mal soll die Erstausgabe der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo nach den Terroranschlägen von Paris am Mittwoch gedruckt werden. Auch in Deutschland ist die Nachfrage nach dem Magazin offenbar riesig. In der Bodenseeregion dürfte es aber nicht ganz leicht werden, ein Exemplar zu ergattern.

Bis zu 20 Exemplare der Ausgabe mit einer Mohammed-Karikatur auf der Titelseite will das Literaturcafé Gessler 1862 zum Verkauf stellen. Nach Angaben von Julian Vogel, Leiter der Buchhandlung im Café, soll das Heft auch prominent an der Kasse platziert werden. Damit wolle das Gessler nicht nur auf eine möglicherweise größere Nachfrage reagieren, sondern auch ein Zeichen setzen: "Wir haben keine Furcht vor irgendwelchen Anschlägen und sehen diesen Schritt als klares Bekenntnis zur Pressefreiheit", sagte Vogel zur SZ. Doch dem Literaturcafé an der Friedrichstraße wird es in den nächsten Tagen kaum anders ergehen, als vielen anderen Buch- und Zeitschriftenhändlern in der Region: Charlie Hebdo wird trotz erwarteter Nachfrage kaum zu bekommen sein – erst recht nicht in einer zunächst angekündigten, deutschsprachigen Übersetzung.

Nur 50 Exemplare

"Von einer deutschen Ausgabe wissen wir nichts", sagte nämlich eine Sprecherin des Presseimporteurs Saalbach in Hürth am Dienstag auf SZ-Anfrage. Das Unternehmen übernimmt seit jeher den alleinigen Vertrieb der Sonderausgabe von Charlie Hebdo in Deutschland. Selbst die allein französischsprachige Ausgabe werde es frühestens am Samstag an den Zeitungskiosken geben – in einer Auflage von deutschlandweit gerade einmal 10500 Stück. "Jede Sekunde ändert sich die Zahl der Bestellungen", sagte die Sprecherin dann am Telefon. Man könne wohl nur einen Bruchteil aller Anfragen deutscher Händler befriedigen.

Wegen der kleinen Liefermenge und der unberechenbaren Nachfrage wird es also so sein, dass in der Region Konstanz-Allgäu-Bodensee nach Angaben von Elfriede Thöt, Disponentin des Pressegrossisten "Südwestvertrieb" in Friedrichshafen, wohl kaum mehr als 50 Hefte der Erstausgabe nach dem Anschlag ankommen werden. Wo diese genau vertrieben werden, war am Dienstag nicht verbindlich in Erfahrung zu bringen.

Klar ist bislang nur: Das Café Gessler wusste bis Redaktionsschluss am Dienstag nicht, ob es die bestellten 20 Exemplare – egal in welcher Sprache – je erhalten wird. Sowohl die Buchhandlung Fiederer als auch Ravensbuch – die regulär keine oder nur spezielle Zeitschriften vertreiben – werden nach eigenen Angaben ohnehin kein Charlie Hebdo ins Angebot aufnehmen. Am ehesten könnten Häfler am Samstag wohl im Bahnhofskiosk "Presse und Buch Karl Schmitt" eine Ausgabe erhalten, da Bahnhofshandlungen nach Angaben der Presseagentur DPA am ehesten beliefert werden sollen.

Sie sei schon in den vergangenen Tagen nach Ausgaben von Charlie Hebdo gefragt worden, berichtet dort auch eine Mitarbeiterin auf SZ-Anfrage. Angst, die Zeitschrift mitsamt Mohammed-Karikatur ins Sortiment zu nehmen, habe sie im Übrigen auch nicht.


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