Friedrichshafen / sz - Wie viel Kraft kann der Mensch mobilisieren, wenn der Partner einen verlässt? Man selbst von einem Tag auf den anderen mit drei Kindern alleine da steht. Mit einem Sack voller Schulden. Und dann auch die Diagnose: Der fünfjährige Sohn leidet an Autismus, verbunden mit einer Behinderung. Die Frage nach der Leidensfähigkeit von Sybille M. (Name von der Redaktion geändert) drängt sich im Gespräch mit Sabine Hornig von der Diakonischen Bezirksstelle in Friedrichshafen unweigerlich auf.
Doch Pustekuchen. Statt ins tiefe Loch zu fallen, hat sich die 32-Jährige aufgerappelt, als sich ihr Mann vor anderthalb Jahren von ihr trennte, um ein neues Leben zu beginnen. Die Scherben des zerbrochenen Familienglücks schnell aufkehren und den Blick nach vorn richten – das war die Devise von Sybille M., die kurzerhand ihre Elternzeit beendete und die Ärmel hochkrempelte. Und das im wörtlichen Sinn.
Ein Rest an Kraft
Seit dem arbeitet die Häflerin als Reinigungskraft. Ein harter Job. Doch Sybille M. klagt nicht. „Meine Kinder sind mir das wichtigste“, sagt die Frau, die einen taffen Eindruck macht. Zumindest auf den ersten Blick. „Wenn ich wieder an meine Grenzen der Kraft komme, brauch ich eine Auszeit“, macht Sybille M. deutlich, wie ausgepowert sie sich manchmal fühlt. „Da ist es gut zu wissen, wo ich mich zurückziehen und Halt finden kann. In all dem Trubel und dem Rennen von Antrag zu Antrag finde ich hier Sicherheit.“ „Wir gehen hier Schritt für Schritt vor, jeden Antrag schauen wir gemeinsam an, um möglichst schnell einen positiven Bescheid zu bekommen. Schließlich geht es darum, die Existenz einer Familie zu sichern“, sagt Sabine Hornig. „Da bekommt das Wort ,Überbrücken’ eine ganz andere Bedeutung. „Wenn hier plötzlich einige hundert Euro fehlen, weil ein Antrag noch nicht genehmigt wurde, ist der Kühlschrank leer.“
Leiden? Nee. Kraft schöpfen und mit neuem Mut voran – so lässt sich der Ansatz von Sabine Hornig auf den Punkt bringen. „Ziel ist es, für alle drei Kinder - drei, fünf, sieben - einen Platz zu finden, der sie fördert. Und mir ist es wichtig, dass sich die Mutter einen Rest an Kraft erhält, um nicht unter zu gehen. Das braucht Reflexion und ein ständiges Hingucken auf das, was war, ist und kommt“, sagt die Diplomtheologin und Diplompädagogin. Sybille M. ist kein Einzelfall.
Frauen in Not kommen regelmäßig zu Sabine Hornig in die Beratungsstelle. „Teilweise begleite ich die Frauen mit ihren Familien über Jahre hinweg. Vier, fünf Jahre sind da keine Seltenheit.“ Und Sabine Hornig bekommt Dankbarkeit zurück.
Sybille M. lehnt sich zurück. „Schön zu erfahren, dass es Menschen gibt, die einem wirklich helfen. Dabei liegt die Betonung auf ,wirklich helfen’“, sagt sie. „Und noch eines muss ich sagen: Je ehrlicher man zu sich ist und seine Probleme auf den Tisch legt, desto früher kann geholfen werden. Diese Erfahrung habe ich hier gemacht. Ich kann nicht sagen, dass ich ohne Probleme dastehe. Doch wir sind auf einem guten Weg. Das lässt mich aufatmen.“
Das Spendenkonto von „Hälfer helfen“ ist in der dritten Adventwoche auf 47 401 Euro gewachsen. Herzlichen Dank an alle Spender.
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