Friedrichshafen / sz - Die Claude-Dornier-Schule in Friedrichshafen hat seit September eine Klasse für Menschen aus den Flüchtlingsunterkünften des Bodenseekreises. In der Klasse zur Vorbereitung auf das Berufsleben ohne Deutschkenntnisse, kurz VAB-O, lernen junge Erwachsene aus der ganzen Welt Deutsch.
Es ist ein nebliger Dienstagmorgen. Deutschunterricht steht auf dem Plan. „Bitte Buch aufschlagen, Seite acht“, sagt Visnja Keller, Deutschlehrerin an der Claude-Dornier-Schule. Im Klassenzimmer hängt eine Deutschlandkarte und ein Plakat: „ich wohne, du wohnst,...“. Verben konjugieren will eben gelernt sein. Die Flüchtlinge haben vor sich ein Buch liegen – „Schritte plus“.
Einstieg mit vielen Bildern
Mit vielen Bildern und einfachen Aufgaben als Einstieg in die deutsche Sprache erinnert es ein wenig an das erste Schulbuch in der Grundschule. „Unser Ziel ist es, mit diesem Buch Niveau A1 zu erreichen“, sagt Keller. Mit diesem europaweiten Standard haben die Schüler einen Wortschatz, mit dem sie sich im Alltag gut verständigen können.
Es geht weiter im Unterricht – das Thema heute: Gemüse. „Die Karotte, die Kartoffel, der Apfel“, schallt es aus allen Ecken. „Der Apfel?!“ fragt Keller in die Runde. „Nein“, ruft einer, „das ist Obst.“
Die Lehrerin legt ein Schaubild unter den Projektor. Auf dem Bild ist ein komplett eingerichtetes Haus zu sehen. Daran sollen die Schüler jetzt die Vokabeln rund um die Themen Einrichtung und Wohnen finden.
Die Regeln, strecken und warten bis man aufgerufen wird, zählen jetzt nicht mehr. Jedes Mal, wenn die Lehrerin auf einen Gegenstand zeigt, fliegen ihr die Antworten entgegen. „Die Schüler sind richtig lernwillig“, sagt Keller, „da macht jeder mit.“ Ein paar Mal muss die Lehrerin allerdings nachhaken. „Wie heißt das hier“, fragt Keller in die Runde. Ein „Hä“ kommt zurück. „Das heißt: ,Wie bitte?“, erklärt die Lehrerin. Damit ist die erste Regel in Sachen Höflichkeit geklärt.
Die Pädagogin versucht, Abwechslung in den Unterricht zu bekommen. „Die Schüler lieben die Lehrerrolle“, sagt Keller. Deshalb steht in der Unterrichtsstunde nicht nur die Lehrerin an der Tafel.
Arabisch sprechen, Deutsch lernen
Neue Vokabeln kommen sofort in das Vokabelheft. Wörter, die in der deutschen Aussprache noch nicht ganz klar sind, werden mit dem Smartphone übersetzt. Dadurch ertönt in dem Klassenzimmer immer wieder eine Computerstimme. Auch untereinander helfen sich die Schüler aus den verschiedenen Ländern – natürlich in der Muttersprache. Dadurch lernt man als Deutscher in den eineinhalb Stunden auch etwas Arabisch.
„Die größte Umstellung für die Schüler ist das Lernen und Schreiben der lateinischen Schrift“, sagt Keller. Der Unterricht unterscheidet sich ansonsten nicht sehr viel von einer normalen Schulstunde. Ab und zu muss die Lehrerin wieder zum Mitschreiben animieren. Enver Mehic, Schüler, lernt seit Anfang September Deutsch. „Es klappt immer besser und macht sehr viel Spaß“, sagt er.
Das Angebot habe sich mittlerweile rumgesprochen, erzählt Keller nach der Doppelstunde. „Viele meiner Schüler bringen Gäste mit“, sagt sie. Doch es gibt auch Rückschläge: Ein Schüler wird nicht bis zum Ende des Schuljahres bleiben – er muss Deutschland wieder verlassen, weil er ausgewiesen wird.