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Frauen, die Musik hören, sind die glücklicheren Kühe

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Friedrichshafen / lix - Die Welt rückt näher – auch „wenn de Weltuntergang abgesaagt isch, der nägschte wär sicher – aber des wär’ erscht an dem Dag, wo de Berliner Flughafe’ feddisch wird. Bis dorthin hann se Stuttgart 21 schon zum dritten Mol neu tapeziert“, frozelt Kabarettist Gerd Dudenhöffer in breitem Saarländisch am Samstag im gut besuchten Bahnhof Fischbach.

Heinz Becker? In der Gegend altbekannt. „Der kam schon vor mehr als 30 Jahren mit seinem Porsche angefahren. Gerade mal zwei, drei Dutzend Leute wollen ihn damals sehen“, erinnert sich Bahnhof-Betreiber Peter Berchtold noch lebendig. Weil der Theaterstadel in Markdorf für so kleines Publikum zu groß war, schlug Berchtold spontan vor, im Wirtshaus aufzutreten. Doch Pustekuchen. „Der Saarländer reiste ohne Auftritt ab. Das war mein erster Kontakt mit Dudenhöffer. Das ist ein ganz Eigenwilliger.“ Ebenso wie die Kunstfigur Heinz Becker. Seit Jahrzehnten macht der stoische Kleinbürger mit der allzu beschränkten Sichtweise im Fernsehen seiner Frau Hilde das Leben zur Hölle. Die Batschkapp ist sein Markenzeichen. Und so kleinkariert wie das Hemd, sind auch die Weltansichten der Kunstfigur, die vor Rassenwahn, Engstirnigkeit, Spott und Frauenfeindlichkeit trieft.

Die Frauen kriegen ihr Fett zuerst ab. Da muss sich ein Mann, der nach langen Ehejahren seine Frau noch „Schatz“ nennt, die Brillengläser wohl mit Salamischeiben geputzt haben. Den Frauen geht’s doch prima. Die heiraten einfach – und schon „werden sie ihr Leben lang durchgeschleppt“. Das Publikum lacht – mit Heinz Becker und vor allem über ihn, als Dudenhöffer die dunkle Seite der Deutschen beleuchtet. „Der Hitler hat nicht nur Unruhe gestiftet, sondern auch Preise“, sagt Becker mit Blick aufs NS-Mutterkreuz, das die „Gebärleistung der Mütter“ würdigen sollte. Der Gag kommt so staubtrocken und emotionslos, dass dem Publikum kurz der Atem stockt, als Becker das Tabuthema anschneidet.

Zwei Stunden lang philosophiert Becker mit feinem Wortwitz und kleinem Hirn über die großen Fragen unserer Zeit. „Eine Studie sagt, Frauen, die Musik hören, sind die glücklicheren Kühe. Das behaupten die Wissenschaftler – da sträuben sich die Geister.“ Ein Stuhl, eine Bühne und eindimensionale Sichtweise – der kauzige Möchtegern-Philosoph wühlt gerne in den Tiefen der Volksseele, stichelt herum und spricht an, was sich kaum einer traut. Missbrauch in der Kirche etwa. Da bedauert Becker, dass sein Sohn Stefan bei den Ministranten nichts erlebt hat. „Denn mit der Entschädigung hätt’ man de Balkonumbau machen könne.“

Tebartz‘ Protzbau zu Limburg bleibt vor Becker auch nicht verschont. „Schon klar, warum der ne Badewanne für 15 000 Euro braucht – der ist ja nicht ganz sauber. Doch eines muss man Tebartz lassen. Im Gegensatz zum Berliner Flughafen ist der fertig geworden mit seinem Bau.“ Die Welt rückt näher. Friedrichshafen lacht.


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