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Goldgräberstimmung am Bodensee

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Friedrichshafen / sz - Der Bodenseekreis hat seit Mitte 2013 ungefähr 750 Asylbewerber aufgenommen. Die Flüchtlingswelle wird kaum abebben: Landrat Lothar Wölfle rechnet für das kommende Jahr mit monatlich 100 neu ankommenden Flüchtlingen. Zusätzliche Unterkünfte müssen her. Am Immobilienmarkt macht sich teils schon Goldgräberstimmung bemerkbar.

„Wir stellen uns der Aufgabe, Menschen, die aus Gefahr für Leib und Leben geflohen sind und zu uns kommen, nicht nur unterzubringen, sondern ihnen auch Chancen zu eröffnen, hier eine neue Lebensgrundlage zu finden“, sagte der Kreischef innerhalb seiner Haushaltsrede im Kreistag dieser Woche. Zunächst brauchen die hier im Kreis ankommende Menschen ein Dach über dem Kopf. Wie berichtet, wird der Kreis dafür nächstes Jahr 2,2 Millionen Euro ausgeben. Die Leistungen, die der Landkreis den hier ankommenden Menschen gewähren will (Hilfe zum Lebensunterhalt über Wohnraum bis hin zur Sprachförderung), belaufen sich auf weitere sieben Millionen.

Zunächst geht es um Unterkünfte. Diejenigen, welche Kreis und Städte und Gemeinden zur Verfügung haben, sind belegt. Neu bauen oder zusätzlich anmieten, heißt denn die Devise. „Wir bekommen zwar viel angeboten und könnten damit unser Kontingent mehr als erfüllen“, sagt Finanzdezernent Uwe Hermanns. Doch: „Nur ein kleiner Prozentsatz passt wirklich.“ Zum Teil seien die Objekte für die Unterbringung von Menschen einfach ungeeignet, zum Teil wäre der Aufwand, die Gebäude bewohnbar zu machen, viel zu hoch. Unter manchen Vermietern und Verkäufern sei eine „Goldgräberstimmung“ ausgebrochen. „Kaltmieten von 13 Euro pro Quadratmeter zahlen wir natürlich nicht“, meint Hermanns. Auch komme man mit einem Verkäufer, der ein Mehrfamilienhaus, das laut Gutachter 800 000 Euro wert ist, für 1,3 Millionen Euro anbietet, nicht ins Geschäft. „Die Gemeindeprüfungsanstalt würde uns aufs Dach steigen“, so der Finanzdezernent.

Der Kreis nimmt in Sachen Asyl viel Geld in die Hand. Landrat Lothar Wölfle steht dahinter, spricht von „Erfüllung einer wichtigen Aufgabe“. Er kritisiert aber die aktuelle Praxis der Kostenerstattung durch das Land. Der Kreischef merkt zwar positiv an, dass das Land die Pauschale angehoben hat. „Sie reicht aber hinten und vorne nicht“, sagte Wölfle gegenüber der SZ. In der Sitzung des Kreistags am Dienstag rechnete er vor: Von den 9,1 Millionen Euro veranschlagter Gesamtkosten für Unterbringung, Sozialleistungen, Investitionen in Unterkünfte und so weiter, die im Haushaltsentwurf 2015 bereitgestellt werden, übernehme das Land 5,4 Millionen. Am Landkreis bleiben 3,7 Millionen Euro hängen. Da die Sorge um die Asylbewerber eindeutig eine staatliche Aufgabe sei, müsse sich das Land hier seiner Verantwortung stellen, sagt Wölfle.

Unbefriedigend ist für den Kreischef auch ein weiterer Umstand: „Das Land sorgt nicht im notwendigen Maß dafür, dass Menschen aus sicheren Drittstaaten wieder in ihre Heimat zurückkehren.“ Der Kreis schaffe es nicht, diejenigen Flüchtlinge, die wirklich politisch verfolgt sind, unterzubringen. „Deshalb ist es dringend notwendig, den begrenzten Wohnraum denjenigen zukommen zu lassen, die ihn wirklich nötig haben.“


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